Es nahen die Wahlen in Deutschland. Und damit wird mal wieder die Sau des Sozialsystems durchs Dorf getrieben. Allen voran die Springermedien die schon immer gerne arm gegen schwach gehetzt haben um von strukturellen Problemen abzulenken.
Ich werde daher direkt in medias res gehen: Wer für einen Abbau der "sozialen Hängematte" plädiert, stimmt gegen seine eigenen Interessen.
Schon morgen könntet ihr selber diese Hängematte brauchen
Ihr solltet nicht annehmen, dass ihr das Sozialsystem nie brauchen werdet. Es kann jeden von uns treffen aus verschiedensten Gründen.
Heute noch ein Topverkäufer im örtlichen Elektronikhandel? Morgen hast du vielleicht schon Burnout oder du kriegst eine Depression die dich aus der Kurve haut. Ja das ist etwas versimpelt dargestellt aber wir sollten unsere eigene Leistungsfähigkeit nicht als von Gott gegeben ansehen.
Seien wir einfach DANKBAR das wir unseren Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten können.
Aber diese Totalverweigerer...
Ja. Die werden von der FDP und CDU zu einem Problem hochstilisiert aufgrund derer Alles in die Brüche geht. Die AfD hat die natürlich auch am Kieker aber zuerst müssen da erst mal diese Ausländer remigriert werden und alle die nicht arisch genug sind.
So. Und wie viele sinds? Laut Bundesagentur für Arbeit nichtmal 14.000 Menschen. 14.000 arme Menschen in einem Land mit 46 Millionen Erwerbstätigen zum Staatsproblem hochzustilisieren ist schäbig!
Nur so als Vergleich: Wenn wir Linken uns über Reiche aufregen wird gern gesagt damit könne man keine Probleme lösen wenn man gegen diese kleine Minderheit härter vorgeht. Das sind aber über 2,6 Millionen in Deutschland.
Das Sozialsystem konkurriert mit Arbeit!
Ja! Tut es! Die Schwelle an der sich Arbeit gegenüber einem Bürgergeld nicht mehr lohnt ist unglaublich tief. Für Mindestlohn arbeiten kann sich unter gewissen Umständen TATSÄCHLICH nicht lohnen und es ist dann besser Bürgergeld in Anspruch zu nehmen. Vor allem wenn man eben mit einbezieht, dass Arbeit eben auch Arbeit ist.
So. Und? Ist das jetzt was Schlechtes? Nein. Das Sozialsystem und die Arbeitgeber konkurrieren miteinander in einem Wirtschaftssystem. Arbeitgeber geben euch Geld dafür, dass ihr eure Lebenszeit opfert um irgendetwas zu erwirtschaften.
Nehmen wir an wir haben kein Sozialsystem. Das macht einen Menschen ohne Qualifikation sehr erpressbar. Schlicht weil man als Alternative schlicht verhungert.
Wenn wir uns die europäischen Länder ansehen dann stellen wir fest, dass jene Länder die mehr von ihrem BIP für ein Sozialsystem aufwenden in der Regel bei den Arbeitnehmern auch mehr an Gehalt auf dem Konto landet. Hierfür habe ich die Ausgaben des Sozialsystems (% BIP) und das Median-Einkommen gegenübergestellt. Ich bin nur auf drei Außnahmen gestoßen: Schweden, Frankreich und Irland. Drei Außnahmen bei 27 Ländern.
Was nötig wäre
Ich gebe euch Recht. Das Sozialsystem IST nicht perfekt. Denn: Die niedrigen und mittleren Einkommen tragen sehr viel zum funktionieren bei. Die oberen Einkommen und die Spitzeneinkommen relativ wenig. Das muss sich ändern.
Aber ihr werdet eure wirtschaftlichen Probleme nicht lösen indem ihr ein Sozialsystem demontiert welches von einer sehr kleinen Minderheit ausgenutzt wird und auf das Millionen von Deutschen zeitweilig angewiesen sind.
Stattdessen hat Deutschland, ohne Not, jedem Menschen ab einem Bruttojahreseinkommen von ca. 70.000 Euro ermöglicht sich teilweise aus dem Sozialsystem auszuklinken und privat zu versichern. Das war eine Spitzenidee: Die Leute, die mehr zahlen könnten zahlen auf einmal gar nichts mehr ein. Danke Merkel!
Und statt da mal anzusetzen hetzt man einfach lieber weiter Arm gegen Schwach auf. Und das ist... schäbig