Wer kennt die Atomkriegsuhr? Nun für die unter Euch die sie nicht kennen: Es ist eine seit 1947 geführte Schätzung darüber, wie knapp wir vor einem Atomkrieg sind. Nun… So knapp wie heuer wars seit Einführung dieser Uhr noch nie. Ein kleines Mosaiksteinchen befindet sich an der Grenze Europas: Die Krim.

Ich habe in den letzten Tagen sehr viel zu dem Thema gelesen, bin natürlich auch nur ein Laie, und versuche hier zusammenzufassen was ich alles gefunden habe.

Der Artikel hier soll einen kurzen Abriss darüber geben, wie es dazu kam das wir an der Grenze zu einem europäischen Krieg stehen. Ab jetzt in 1200 Worten! Versprochen!

Vorgeschichte

1954

Stalin ist tot und der aus der Ukraine stammende Chrustschow ist nun Parteichef und damit Herr der Sowjetunion. Er schenkt aus machtpolitischem Kalkül die Krim an die Ukraine. Damals eine reine Formalität da die Ukraine Teil der Sowjetunion war ist es heute ein Problem da die Legitimität der Schenkung nie restlos geklärt wurde und von Russland noch immer angefochten wird. Nach Zerfall der Sowjetunion pochen in der Ukraine zwei Herzen: Das eine welches sich als souveränen, eigenen Staat sieht und das andere welches sich immer noch als Teil Russlands sieht. Ein weiteres Problem welches Russland später verfolgen sollte: Ihre Schwarzmeerflotte hat in Sewastopol auf der Krim den Stützpunkt. Dieser Stützpunkt würde 50 Jahre später mitten in einem immer mehr dem Westen und der NATO zugewandten Land liegen.

September 2004 bis Dezember 2004

Präsidentschaftswahlen in der Ukraine. Der pro-westliche Wiktor Juschtschenko wird mit Dioxin vergiftet. Ärzte in Wien retten sein Leben – es wird Jahre dauern bis er sich davon erholt. Er bestreitet den Wahlkampf trotzdem und unterliegt knapp in einer manipulierten Wahl seinem pro-russischen Kontrahenten Janukowytsch. Es kommt zu Demonstrationen und Ausschreitungen. Die Wahl wird wiederholt. Diesmal mit internationalen Beobachtern: Wiktor Juschtschenko setzt sich durch. Die Ukraine ist nun politisch endgültig zweigeteilt in Pro-West und Pro-Russisch.

September 2008

Die Ukraine und die EU bereiten ein Assoziierungsabkommen vor, welches die Ukraine zu einem Wirtschaftspartner der EU macht. Die EU-Mitgliedschaft ist daran nicht zwingend gebunden, aber das erklärte Endziel aller Beteiligen. Das Abkommen ist nicht ohne Pferdefüße: Es stellt die Ukraine vor eine Entweder-Oder Wahl. Gute Wirtschaftsbeziehungen zu Europa oder zu Russland – die Ukraine kann nicht alles haben. Die Ukraine wird nicht als Brücke zu Russland verstanden. Die Meinung von Russland oder der pro-russischen Bevölkerung interessiert hierbei in Europa keinen.

Februar 2010 bis Mai 2010

Wiktor Janukowytsch wird neuer Präsident. Seine Konkurrentin, Julia Tymoschenko, wird im Mai wegen Verdachts auf Korruption und Untreue verhaftet. Die Vorwürfe sind haltlos, ernten internationale Kritik und werden als politische Säuberung bezeichnet. Sie wird die Haft erst im Jahr 2014 verlassen.

November 2013 bis Januar 2014

Die EU zeigt sich feinfühlig wie wir sie kennen: Die Anstrengungen der Ukraine gehen ihr nicht weit genug. Die Ukraine müsse den Gürtel enger schnallen. Zeitgleich droht Russland der Ukraine mit massiven Sanktionen und lockt mit günstigeren Gaspreisen (auf die die Ukraine angewiesen ist) und Krediten. Der korrupte Janukowytsch, allein seine Villa kostete jährlich 4 Millionen Euro an Steuergeld, gibt bei und setzt die Verhandlungen mit dem Westen aus. Der letzte Tropfen der das Fass zum Überlaufen bringt. Binnen weniger Wochen sind zigtausende Menschen auf den Straßen. Demonstranten versuchen ein Amtsgebäude zu stürmen, die Polizei setzt Tränengas ein. Mit dabei: Die Swoboda. Eine rechtsradikale Gruppierung. Die Demonstrationen und nun folgenden Ereignisse sind als Euromaidan bekannt. Eine Antiterroreinheit versuchte die Demonstration mit Gewalt aufzulösen. Die Versammlungsfreiheit wurde aufgehoben. Mittlerweile demonstrierten bereits über 800.000 Menschen gegen die korrupte Regierung. Das Kiewer Rathaus wurde erfolgreich besetzt, Hacker legten ukrainische Regierungsseiten lahm. Die Ausschreitungen gipfelten in einem gescheiterten Sturm auf das Präsidialamt des Präsidenten. Dabei kamen auch zu Belagerungsfahrzeugen umgebaute Baumaschinen zum Einsatz. Die Antiterroreinheiten verletzten beim Versuch die Demonstranten zurückzuschlagen hunderte Menschen, Reporter und Sanitätspersonal. Am Ende des Januars setzten beide Seiten Schusswaffen ein. Auf Seiten der Regierung das Militär. Auf Seiten der Demonstranten der militante rechte Sektor.

Februar 2014

Offene Straßenschlachten zwischen Militär und Polizei auf der einen und Regierungsgegnern auf der anderen Seite. Ab jetzt sterben täglich Dutzende Menschen. Beide Seiten setzen Scharfschützen und Granaten ein. Bürgerkrieg in Reinform.

Während auf den Straßen Menschen sterben, diskutieren der US-Botschafter in der Ukraine und Victoria Nuland, eine hochrangige Mitarbeiterin des US-Außenministeriums die Zukunft der Ukraine. Nuland hat Probleme damit, wenn die zukünftige Regierung zu EU-freundlich ist. „Scheiß auf die EU“ wurde ein geflügeltes Wort. Problem: Russland hörte die sichere Leitung ab und veröffentlichte alles im Internet.

Für die Rolle als Ministerpräsidenten wurde Jazenjuk ausgewählt der dieses Amt später auch tatsächlich bekleidete. Dieser ist seit 2016 in einen Prozess um Bestechung und Geldwäsche verwickelt. Später stellt sich heraus, dass sowohl aus der EU, als auch aus den USA Milliarden geflossen sind um das politische Klima in der Ukraine zu beeinflussen. Eine Ukraine die sich selbst als Brücke zu Russland sieht? Undenkbar für den Westen!

Ende Februar 2014

Wiktor Janukowytsch wird entmachtet. Neuer Interimspräsident und späterer Präsident: Oleksandr Turtschynow. Das Parlament stimmt für die Absetzung des Präsidenten. Die neue Interimsregierung wird von Europa anerkannt. Problem: Die Entmachtung von Janukowytsch, so moralisch gerechtfertigt sie gewesen sein mag, war nicht verfassungskonform. Dies wird später zum Problem denn Putin hat den Westen mit der Hand in der Keksdose erwischt und wird das noch oft aufs Brot schmieren.

Julia Tymoschenko wird aus der Haft entlassen. Aus ihrem Hass auf Janukowytsch und Russland macht sie keinen Hehl. Überhaupt ist die Situation komplex: Rechtsradikale und teils faschistische Kräfte gelangen in die Interimsregierung. Oleh Tjahnybok, schlagartig stellvertretender Ministerpräsident sorgte mit folgender Aussage für Aufsehen: „Schnappt euch die Gewehre. Bekämpft die Russensäue, die Deutschen, die Judenschweine und andere Unarten“

In diesen Tagen wird auch das Sprachengesetz diskutiert: Praktisch über Nacht werden Russen zu Bürgern zweiter Klasse erklärt. Problem: Die Krim ist mehrheitlich von Russen bewohnt.

Die Interimsregierung wird sofort von Deutschland und den meisten EU-Staaten anerkannt.

Es folgen Übergriffe auf ethische Minderheiten in der Ukraine und es kommt, wie es kommen muss: Die Krim, bisher eine autonome Region innerhalb der Ukraine, ist beunruhigt. Im Parlament der Krim wird darüber diskutiert, ob die Krim nicht zu Russland zurückkehren soll, wenn sich die Situation in der Ukraine nicht bessert.

Doch schon bald überstürzen sich die Ereignisse: Am 27.2 besetzen pro-russische Separatisten das Parlamentsgebäude. Sie fordern ein Referendum. Dieser Forderung wird mit Waffen Nachdruck verliehen.

Die nachfolgenden Wochen bis März 2014

Die Lage ist unübersichtlich. Während Russland darauf pocht die russischsprachigen Ukrainer zu beschützen, pocht die Ukraine darauf, dass Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt. Die Antiterroreinheit und Teile des Militärs, die bis vor kurzem noch für die ukrainische Regierung gegen Demonstranten gekämpft hatten, laufen teilweise zu den Separatisten über oder desertieren. Über 15.000 Soldaten. Die ehemalige Antiterroreinheit entschuldigt sich bei den Krimeern das sie "Die Putschisten (Euromaidan) nicht stoppen konnten."

Binnen kürzester Zeit kämpften nun Panzer gegeneinander.

Menschenrechte sind aus dem lokalen Wortschatz gestrichen und die Teilnahme russischer Streitkräfte gilt als gesichert.

Höhepunkt der bewaffneten Eskalation war der Abschuss einer Zivlimaschine der Malaysia Airlines mit einer russischen Luftabwehrrakete. Die Separatisten hatten sie mit einem ukrainischen Kampfjet verwechselt und sich in den sozialen Medien mit dem Abschuss gebrüstet. 298 Menschen sterben. Russland versucht Beweise zu fälschen die den Abschuss der Ukraine unterschieben. Vergeblich.

Das Referendum im März 2014

Eine Abspaltung der Krim ist verfassungsrechtlich nicht vorgesehen. Die aktuelle Regierung aber eben auch nicht verfassungskonform zustande gekommen. Während Völkerrechtler quer über den Globus diskutieren schafft man auf der Krim und in Russland Fakten. Am 16. März erklärte die Krim ihren Beitritt zur russischen Föderation mit offiziell 95,5% der abgegeben Stimmen. Eine UN-Vollversammlung am 27. März erklärte das Referendum für ungültig.

Die Zeit bis 2021… und darüber hinaus

Russland beschädigte ukrainische Schiffe, blockierte den internationalen Seeverkehr in die Ukraine und verletzte internationales Recht. Die Ukraine restrukturierte ihre Streitkräfte und kündigte im März 2021 an die „temporär besetzte Krim“ wieder in die Ukraine einzugliedern. Das sollte auf diplomatische Weise unter Druck der UN erfolgen aber der Einsatz von Waffengewalt wurde nicht ausgeschlossen.

Als Antwort darauf beginnt Russland seine Streitkräfte an der ukrainischen Grenze zu massieren.

4.2.2022

China und Russland beschließen eine vollumfassende Allianz.

Die USA unterstellen Russland einen False Flag Angriff zu fingieren ohne den geringsten Beweis vorlegen zu können.

Die Atomkrieguhr steht bei 100 Sekunden vor 12.

Und ein dritter Weltkrieg ist so wahrscheinlich wie nie zuvor.

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