Was ein Hühnerstall und CO2-Zertifikate gemeinsam haben

Zuerst werde ich alle abholen, die über CO2-Zertifikate nichts oder nur wenig wissen: CO2-Zertifikate sind eine Art moderner Ablasshandel. Simpel ausgedrückt: Wenn ich CO2 produziere, muss ich als Unternehmen in Form von CO2-Zertifikaten wieder kompensieren. Das Geld, das in diese Zertifikate fließt, wird für Projekte verwendet mit denen das CO2 kompensiert wird. Als Privatperson habt ihr meist die Option dazu. Ihr könnt quasi euren Flug... klimaneutral gestalten.

Wie beim Ablasshandel ist das Ganze natürlich in erster Linie mal ein Geschäftsmodell. Denn... wie wird das überprüft? Will man das überhaupt überprüfen? Die Antwort ist natürlich simpel: Wir leben in einer Welt, in der praktisch alles überprüfbar und quantifizierbar ist. Wenn man möchte. Möchte man aber nicht, wenn man damit Betrug betreiben will.

Und genau das ist mit den CO2-Zertifikaten eben passiert. Man wollte damit betrügen und hat entsprechend nicht hingesehen. Prinzipiell und dafür standen sie bei Umwelt- und Klimaschützern immer in der Kritik, sind sie eben ein Geschäftsmodell. Und noch dazu ein sehr intransparentes Geschäftsmodell.

Kurz: Ein ideales Spielfeld für Politiker und Organisationen mit wenig Skrupel um Gelder beiseite zu schaffen und sich die Taschen vollzustopfen.

Und nun hat leider wer genauer hingesehen. Shell, OMV, Rosneft... Es sind die ganz Großen Europas darin verwickelt. Systematisch wurde mit Zertifikaten gearbeitet die von deutschen Prüfstellen durchgewunken oder teils klar gefälscht wurden. Zentrum und mit einer der Haupttäter: Das deutsche Umweltbundesamt.

Und nur damit eins herrscht und zwar Klarheit: Die Täter in der Sache sind wahrscheinlich nicht die Ölmultis. Sondern der deutsche Staat höchstselbst. Denn die haben die Klimaschutzprojekte, vorrangig in China, blauäugig genehmigt. Die Ölmultis zahlen für diese Projekte und schlagen den Preis auf den Sprit auf. Sie sind also nicht direkt geschädigt aber wer gibt gern Geld aus für Betrugsprojekte? Niemand. Aufgeflogen ist das Ganze übrigens weil ein Konzern nachhakte: Dort vermuteten die eigenen Prüfer das die Zertifikate für die man bezahlt gefälscht sind. Blöd gelaufen!

In China sind, mit dem Geld von Unternehmen und damit mit dem Geld von Endkunden, Projekte finanziert worden die nur am Papier existieren. Die Recherche war denkbar einfach: Satellitenbilder und Vor-Ort-Besuche. So stellte sich ein Milliardenprojekt als Sandwüste ohne jede Aktivität heraus oder eine Hühnerfarm, die komplett verlassen war, in die aber 80 Millionen Euro flossen. Über 60 Projekte sind betroffen. Der direkte Schaden, nur in Deutschland, sind ca. 4,5 Milliarden Euro. Geschädigter ist die Mineralölindustrie. Und damit am Ende jeder der tankt.

Großer Nutznieser? Zwielichtige Personen in China sowie deutsche Politiker und hochrangige Beamte mit denen sie in Kontakt sind. Geschädigte? Wir Alle.

Was können wir daraus lernen? Nun das was man als gelernter Österreicher ohnehin schon weiß: Wer staatlichen Institutionen blauäugig vertraut darf sich auf Überraschungen gefasst machen. Und aktuell ist das Thema zwar ein deutsches Thema aber man kann davon ausgehen, dass sich in ganz Europa ähnliche Betrugsmodelle etabliert haben. Es ist einfach zu lukrativ nicht mitzumachen als Politiker.

Das soll nun nicht als Einladung verstanden werden den Klimaschutz zu zerreissen denn Klimaschutz ist wichtig. Aber es wäre wichtig endlich eine Politik und Projekte zu fordern und zu fördern die das Problem hier bei uns lokal angehen wo jeder von uns den Erfolg bzw. die Umsetzung überprüfen kann statt am anderen Ende der Welt.

Also: Lasst euch nicht vor den Karren spannen. Seid und bleibt (selbst)kritisch und denkt mit. Und lasst Betrug nicht durchgehen.

VitalayKobzun/pixabay https://pixabay.com/photos/birke-b%C3%A4ume-birkenwald-natur-gras-7269226/

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