Warum ich diesen Text schreibe? Weil ich das Gefühl habe, unsere Politiker, also die, die den Job eigentlich machen müssten, wissen es nicht. Also muss eben ein Linker kommen und denen ihren Job erklären.
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Die größten Irrglauben
Irrglaube 1: Staatsschulden sind der Tod jedes Landes!
Ist dem so? Sehen wir uns einfach die G7 an. Die G7, die 7 größten Wirtschaftsnationen der Welt, sind durch die Bank nominal hochverschuldet. Zwischen 100 und 250%. Außer Deutschland.
Staatsschulden sind per se nichts Schlimmes. Es kommt drauf an, wofür man sie ausgibt. Wenn ihr ein Haus kauft, werdet ihr das in 95% der Fälle über Kredite finanzieren und dann diese Kredite nach und nach abstottern, während ihr von der Infrastruktur, die euch euer Haus bietet, profitiert. Wenn ihr eine Firma gründet, werdet ihr das auch teilweise über Kredite tun. Und bei Staaten ist es ähnlich, auch wenn hier Staatsschulden noch eine ganz andere Dimension haben. Dazu kommen wir aber noch.
Staatsschulden für Geschenke auszugeben, ist saublöd. Das war die Politik von Kreisky: Jeden der keinen Bock auf Arbeit hatte oder keine fand einfach in einen verstaatlichten Betrieb zu stecken. Und sowas scheitert natürlich krachend. Menschen die keinen Bock auf Arbeit haben werden ja nicht auf einmal Leistungsträger nur weil sie nen Staatsjob haben.
Staatsschulden für Investitionen sind aber eine ganz andere Sache. Alles was wir heute nicht ausgeben für die wirtschaftliche Transformationen werden wir morgen als Arbeitslosigkeit ernten. Aber hey! Wenigstens schuldenfrei ne?
Irrglaube 2: Aber die Schulden sind zu hoch! Wir verschulden uns in der ganzen Welt und machen uns erpressbar!
Primär ist der Staat bei sich selbst verschuldet. Der Staat KANN eigentlich gar nicht anders als sich zu verschulden, weil das in der Natur der Sache ist: Wenn der Staat euch Lohnsteuer abknüpft, dann schuldet er euch Geld denn mit dem Lohnsteuerausgleich wird geprüft wie viel ihr wirklich hättet zahlen müssen (nämlich weniger) und euch wird die Differenz überwiesen. Bis zu diesem Stichtag seid ihr Gläubiger des Staates wider Willen. Das zieht sich in allen Ebenen durch: Die Bundesländer erfüllten Aufgaben die ihnen vom Bund später erstattet werden. Und damit schuldet der Bund den Ländern Geld. Das ist ca. so wie wenn man Geld von der linke in die rechte Hosentasche steckt. Was übrig bleibt sind ECHTE Schulden. Und die haben wir primär in Europa. Vorranging bei Banken und Notenbanken. Daraus leitet sich dann auch ab wie teuer uns diese Schulden kommen.
Irrglaube 3: Die Zinsen fressen uns auf!
Wie viel Zinsen uns diese Schulden kosten bestimmt weitestgehend die europäische Zentralbank über diverse Steuerungsmechanismen. Einer davon: Der Leitzins. Simpel ausgedrückt zahlt ein Staat genau so viel für seine Schulden wie er möchte. Natürlich hat ein niedriger Leitzins nicht nur Vorteile aber an Geld zu kommen ist für einen Staat billig wenn er es denn möchte (Und diese auch bedienen kann)
Sehen wir uns eine österreichische Staatsanleihe an. Die jährliche Rendite liegt hier im Schnitt bei etwas unter 3%. Das ist also gerade mal knapp über der Inflation. Die Differenz ist das, was uns diese Schulden WIRKLICH kosten. Ich könnte ein Jahr sparen bis die Schule gebaut werden kann. Und Geld ausgeben für eine Übergangslösung. Oder ich kann diese 0,1-0,6% Differenz in den kommenden Jahren berappen, Staatsanleihen aussschütten, und die Schule JETZT bauen. Damit kurbel ich dann so nebenbei auch gleich die Bauwirtschaft an. Und weil die Bauwirtschaft LKWs und Baumaschinen braucht kurbel ich diese Industrie gleich mit an. Und weil diese Industrie nun aber Motoren, elektrische Bauteile, Kunststoffe etc. braucht kurbel ich die Industrie an. Und weil im Kunststoffwerk XY nun auf einmal neue Scheinwerfer gefertigt werden sollen brauchen die mehr Mitarbeiter. Und diese Mitarbeiter gehen ins Kino. Warum? Weil Kino einfach immer noch rockt.
Das alles kriege ich für 0.1-0,6%. Kein schlechter Deal. Ich kann mich aber natürlich auch kaputt sparen. Dann können wir halt zusammen packen. Weil ich nicht nur keinen Wirtschaftseffekt habe, mit damit verbundenen Rückflüssen an Steuereinnahmen, sondern als Bonus oben drauf auch keine Schule. Dafür vielleicht nen sexy Container bei dem ich mich beim Heizen und Kühlen blöde zahle. So funktioniert sparen nach neoliberaler Logik. 10 Cent gespart - 1 Euro verloren.
Die Höhe der Schulden sagt auch null über die Zinsen aus. Siehe Japan. Siehe USA. So am Rande.
Irrglaube 4: Die soziale Hängematte ist nur für Faule!
Ich durfte unlängst lesen "Jeder dritte Euro den Österreich erwirtschaftet geht in den Sozialstaat!" Ahja. Sehen wir uns doch mal 2023 an. 140 Milliarden Euro wurden da für den Sozialstaat ausgegeben! Gemessen am BIP ist das seit den 1990ern... Exakt gleich viel. Das ist auch Geld, das dem Staat nicht direkt zur Verfügung steht bzw. stand denn vieles davon sind Versicherungsleistungen für die wir Bürgerinnen und Bürger teuer Geld hinblättern (Sie sind darum auch nicht Teil des Bundesbudget).
Von den 140 Milliarden entfielen 64 Milliarden auf die Renten. Können wir wegstreichen oder? Ich mein: Die Leute haben ja nur Jahrzehnte ins System eingezahlt. Ok. Geht nicht. Weiter. 40 Milliarden gehen in die Gesundheit. Also auch etwas wofür wir direkt mit unseren Beiträgen zahlen. Hmmm... Wird schon knapp nach oben hin. 12,4 Milliarden entfallen auf Familie und Kinder. Wollen wir Kinder? Wollen wir das arme Kinder die gleichen Chancen haben wie reiche? Ich will es. Ich zahle sehr viele Steuern weil ich diese Chancen bekommen habe. Es ist eine Investition in die Zukunft. So. Was bleibt nun übrig? Um die 24 Milliarden wo man tatsächlich irgendwas machen kann.
Und nur damit wir Klartext reden: Natürlich kann man Pensionen kürzen und Sozialleistungen wegstreichen. Das geht Alles. Man kann auch die Bildung kleinsparen. Auch das geht. Aber für all das zahlt man einen Preis.
Wenn wir Arbeitslosen keine soziale Teilhabe mehr ermöglichen (Übrigens ist Arbeitslosengeld eine Versicherungsleistung. Und keine besonders günstige. Mehr als 9 Milliarden sind da also gar nicht zu holen) dann werden aus Arbeitslosen Langzeitarbeitslose. Und wenn wir Menschen die Leistungen kürzen, werden die auch ihre Ausgaben, wo auch immer möglich, kürzen.
Ihr regt euch auf über den Nichtstuer der jeden Tag im Wirtshaus sitzt und dort seine Biere trinkt? Auch wenn ich jetzt keine Ahnung habe wie sich dieser hypothetische Nichtstuer das leisten soll: Wenn er nicht da wäre, würde dem Wirt der Umsatz fehlen. Das zieht sich durch alle Lebensbereiche. Es gibt Orte in Österreich die so dermaßen abgehängt sind, dass die einzigen Arbeitgeber vor Ort dort Kneipe, Trafik und ein irgendwie überlebender Markt sind. Streich den Menschen dort die Sozialleistungen und das Gasthaus macht dicht, die Trafik macht dicht, der Markt ist zu und die 100 Leute die im Einzugsgebiet eines größeren Betriebs lebten müssen umziehen. So. Sie ziehen also in die nächste größere Stadt. Dort können sie aber von ihrem derzeitigen Gehalt die Miete nicht vernünftig stemmen weil Ballungsräume teuer sind. Also brauchen sie einen anderen Job. Ergo wird der Betrieb Mitarbeiter verlieren.
Es hängt einfach ALLES zusammen.
Was wir nun tun müssten
Wir stehen vor der größten Wirtschaftstransformation aller Zeiten. KI, Klimawandel, neue Technologien im Bereich der Mobilität... In 30 Jahren wird es sehr viele Jobs die heute alltäglich sind einfach in der Form nicht mehr geben. Das wird alle Bereiche des Lebens durchdringen. Und wir haben JETZT noch die Möglichkeit hier gegen zu steuern.
Ohne Schulden wird das nicht zu schaffen sein. Aber: Wir müssen dieses Geld welches wir nun aufwenden gut und zielgerichtet einsetzen. Ja: Dazu gehört auch den Sozialstaat zumindest in Punkten zu hinterfragen. Er ist nicht immer so zielgerichtet wie wir ihn gerne hätten. Sage ich als Linker.
Wir müssen überlegen welche Betriebe wir subventionieren wollen und warum. Und was wir im Gegenzug dafür erhalten.
Nehmen wir COVID
Banner beispielsweise hat in Covid Zeiten fast 400.000 Euro direkt auf die Kralle bekommen. 2023 - also nach Covid, wurde entschieden, dass der Besitzer keinen Bock mehr auf das Werk hat. Er hat es geschlossen und die Maschinen verkauft die er 2021 und 2022 erst gekauft hatte. Das Unternehmen war profitabel. Das war keine zielgerichtete Subvention.
Starbucks hat fast eine Million gekriegt obwohl sie in Österreich nur 2.850 Euro Ertragsteuern zahlten. Das war keine angebrachte Subvention.
KTM erhielt 11 Millionen Corona Hilfen. Pierer schüttetete 7 Millionen Dividende aus, kürzte den Mitarbeitern das Gehalt und schickte sie in Kurzarbeit. Zeitgleich erhöhte er sein Gehaltund das des Vorstands um 30%. 20 Prozent des Gewinns waren Steuergeld. Das ist keine Subvention. Das ist ein Verbrechen.
Novomatic bekam 2024 nochmal 14 Millionen an Coronaförderung. Äh... Warum?
Vielleicht ist es für den Wirtschaftsstandort Österreich nichtmal das Schlechteste wenn solche "Erfolgsunternehmen" entsprechend pleite gehen.
Wir müssen unser Steuersystem umstellen. Es muss vereinfacht und transparenter werden. Es muss niedrige Einkommen entlasten und hohe Einkommen belasten. Das würde auch mich treffen. Es muss Kapital- und Erbvermögen MASSIV stärker belasten als dem jetzt der Fall ist. Multimillionäre und Milliardäre müssen endlich beginnen etwas für das Funktionieren des Landes beizutragen.
Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen die Transformation die der Staat gerne von ihnen hätte auch zu ermöglichen. Und das sollte über Anreize passieren statt über Verbote. Wir wollen, dass die Leute auf das Auto verzichten? Dann muss mehr Geld in die Öffis fließen. Die Öffis müssen billiger werden. Auch das ist ein Wirtschaftszweig! Wir wollen, dass die Menschen ökologisch nachhaltiger Energie verbrauchen? Dann muss mehr in Solar-, Wasser- und Wind investiert werden. Auch Wirtschaftszweige.
Die Wirtschaft der Zukunft wird hochautomatisiert sein. Noch mehr als heute. JETZT müssen die Techniker ausgebildet werden die das in Zukunft wuppen. Forschung muss vorangetrieben werden um die Konnektivität der dabei beteiligten Anlagen zu verbessern. Österreich hat hier tatsächlich ein paar Vorzeigeunternehmen. Und wenn wir uns auf unsere Marktführenden Unternehmen konzentrieren, die den Markt der Zukunft schon jetzt bedienen und darin bereits jetzt die dominanten Anbieter sind dann brauchen wir vor der Zukunft auch keine Angst haben.
Aber eins muss jedem klar sein: So wie unsere Politik aktuell wurschtelt werden wir es nicht schaffen. Und ganz bestimmt werden wir es nicht schaffen wenn wir auf Ausländer und Schwache eindreschen und sie zum Hauptproblem erklären. Als ich das letzte Mal in einem Spital war habe ich vielleicht 5 österreichische Namen beim Personal gehört. Der Rest der Namen... nicht ganz so arisch. Wenn ich mir die Personen alle weg vorstelle hätte ich mein Ohr wahrscheinlich am Ende mit einer rostigen Säge selbst amputieren müssen.
Ausländer sind nicht das Problem.
Arme sind nicht das Problem.
Korruption und Wunderwuzzis sind ein Problem.
Und das Kaputtsparen auf Kosten der Zukunft ist ein Todesstoß.