Tiere haben Charakter, sind also Individuen

Keine Sorge, auch wenn der Titel anderes vermuten lässt, will ich Sie nicht zu einem veganen Lebensstil überreden.

Ich bin nicht sonderlich nah am Wasser gebaut - das letzte Mal habe ich so richtig geheult, als ein mir Nahestehender verstorben war, und zwar völlig unnötig und viel zu früh. Dennoch erwischte ich mich dabei, dass sich etwas Wasser sammelte, als ich diese Bilder betrachtete, wobei ich nur zwei zeige:

(beide Bilder: Deutsches Tierschutzbüro e.V.)

Wer jetzt glaubt, diese Bilder stammen aus dem barbarischen Ausland... nein, Baden-Württemberg (ein Bundesland von Deutschland)!

Ich bin auf dem Land aufgewachsen, in Umgebung von Bauernhöfen. Ich kenne glückliche Hühner. Hühner sind witzige Vögel. Die Laute die sie von sich geben, wie sie sich bewegen, oder welche Verhaltensweisen sie zeigen - all das erheitert das Gemüt. Manche Hühner sind hellauf begeistert, wenn sie ein Ei gelegt haben und tun das durch minutenlanges lautstarkes Gegacker kund. Eine andere typische Verhaltensweise: Sie machen zwei Schritt vorwärts, scharren, machen wieder zwei Schritt rückwärts und gucken, ob sie irgendwas im erdigen Boden freigescharrt haben, was es sich aufzupicken lohnt; und Hennen, die einen Tross von Küken hinter sich her ziehen, sind äußerst kämpferisch, ja richtig "aggro" drauf. Das gilt aber nur für artgerecht gehaltene Hühner. Wenn Sie die Bilder oben betrachten, ist sofort klar, dass diese Haltung das ganz natürliche Verhalten von Hühnern unterbindet - harmlos ausgedrückt. Und wo ich zu diesen Bildern und meinen Erfahrungen den Vergleich ziehe, da muss ich mir die eine und andere Träne wegdrücken. Ich mag Hühner, und mag es nicht, wenn sie leiden.

Aber kommen wir zu Tieren, die dem Menschen näher stehen als Hühner: Hunde und Katzen zum Beispiel. Jeder, der mit solchen Tieren zusammenlebt, weiß, dass Tiere Charakter haben. Manche Katzen sind ängstlich, und stundenlang verschwunden, wenn ein Fremder ins Haus kam, andere wollen gleich auf den Schoß des Besuchers. Manche Hunde sind misstrauisch gegenüber Unbekannten, andere springen sie schwanzwedelnd an und wollen ihnen das Gesicht lecken, worauf jeder Hundehalter sofort den Klassiker zu sagen weiß: "Der will nur spielen". Manche Katzen lieben es, wenn man sie am Bauch krault, für andere wiederum ist dieser Bereich tabu und krallen und beißen, wenn man sie dort streichelt.

Mit anderen Worten: Tiere unterscheiden sich in ihren Charaktereigenschaften, haben also einen Charakter, sind also Individuen. Das gilt übrigens auch für Schweine, diese sind intelligenter als Hunde.

Zwei Punkte also:

1.) Tiere sind leidensfähig

2.) Tiere sind Individuen

Ein radikaler Tierrechtler folgert daraus natürlich, dass deswegen Fleischessen genauso unter Strafe gehört wie etwa Kannibalismus. Soweit gehe ich nicht. Ich bin lediglich für eine konsequente artgerechte Haltung, und "artgerecht" bedeutet für mich, dass diese Tiere ein glückliches Leben führen können - dann wird Fleisch eben teurer, dann gibt es Fleisch eben nur noch zweimal die Woche und nicht mehr jeden Tag.

Vor kurzem machte eine Meldung die Runde, dass die Mehrheit der Verbraucher gerne bereit ist, für Fleisch- oder andere Tierprodukte (Milch, Eier) mehr zu zahlen, wenn dadurch sichergestellt wäre, dass die Tiere artgerecht gehalten werden. Die Folgen wären übrigens überschaubar, ein Kotelett aus artgerechter Haltung ist gerade mal 30 - 40 Cent teurer; man greife zu Produkten mit dem Biosiegel.

Dies ist auch im Interesse des Menschen. Die Massentierhaltung ist derart pervers, dass man unter die Tierfuttermittel von vornherein Medikamente wie Antibiotika mischt, und nicht erst, wenn eine konkrete Krankheit bei einem einzelnen Tier auftritt - so krankmachend ist die übliche Haltung von Tieren. Und gerade bei "Antibiotika" sollte jeder halbwegs gebildete Mensch aufmerken. In Deutschland sterben schon jetzt jedes Jahr mehrere tausend Menschen an multiresistenten Keimen.

In Deutschland konnte nach langem Ringen ein neues Gesetz zum Tierschutz aufgenommen werden, Paragraph 90a Bürgerliches Gesetzbuch:

Tiere sind keine Sachen.

Nur kommt noch im selben Paragraphen die Einschränkung:

Auf sie sind die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist.

Damit ist das Gesetz ein einziges Lippenbekenntnis, absolut zahnlos, nichts weiter als ein symbolischer Akt.

Einerseits ist Tierquälerei verboten, andererseits legal. Wenn ich meinen Kater in den Herd stecke, kann ich dafür verurteilt werden. Wenn ich hingegen tausende von Tieren ihr ganzes Leben lang in qualvoller Haltung besitze, haben Tierschützer keine Handhabe gegen mich.

Hier ist der Verbraucher gefragt. Es ist ein Problem unserer Gesellschaft, dass sie zwar inhumane Bedingungen verbietet - wie etwa Kinderarbeit - der Handel aber mit auf solche Weise entstandenden Produkten legal ist. Wenn man zum Markenprodukt greift, ist man ganz schnell dort, mit dieser Wahl Kinderarbeit etwa in Indien oder China zu unterstützen, um nur ein Beispiel zu nennen.

Hier kann mich sich in zwei Weisen einbringen: Erstens, dass man sich darüber informiert, wie die Produkte, die man kaufen will, entstanden sind. Bei Tierprodukten sollte man grundsätzlich nur zu solchen mit dem "Bio-Siegel" greifen, wobei auch hier Missbrauch nicht ausgeschlossen ist. Zweitens kann man politische Entwicklungen in diesem Sinne unterstützen. Hierzu gehört in erster Linie, dass der Handel mit Produkten, die unter Bedingungen gefertigt wurden, die bei uns illegal sind, ebenfalls unter Strafe steht. Ich finde es im höchsten Maße verlogen, dass in unserer "sauberen" Gesellschaft Kinder- und Sklavenarbeit sowie Tierquälerei verboten ist, der Handel aber mit Produkten, die genau unter diesen Umständen hergestellt wurden, legal ist. Ich könnte jetzt ein paar ein ganz große Namen nennen, die jeder kennt, verzichte aber darauf, da ich keine Lust habe, mich mit der Rechtsabteilung eines Megakonzerns anzulegen.

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Herbert Erregger

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fischundfleisch

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