Ein linkes Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen

So ähnlich wusste es schon meine Oma. Mit dem kleinen Unterschied, dass meine Oma das Wörtchen „links“ durch „rein“ ersetzte. Sie erkannte stets sehr schnell, ob nach meinen Streichen und dem darauf folgenden trotzigen „Ich war’s nicht!“ ein unruhiger Nachtschlaf auf mich wartete. „Links“ ist eben nicht dasselbe wie „rein“. Oma war keine Juristin, sie arbeitete nicht mit Begriffen wie Recht und Gesetz. Sie setzte auf die Begriffe Moral und Selbsterkenntnis.

Nun werden Sie sagen, dass es in der Kindheit keine schlechte Idee ist, ein paar moralische Grundpfeiler in die Gewissen der Menschheit zu treiben. Das sei ja auch die Aufgabe der Erziehung. Für das allgemeine Zusammenleben unter mündigen, individuell verschiedenen Erwachsenen muss aber später das Gesetz hinzukommen. Und dieses „Gesetz“ sollte eigentlich für alle gleichermaßen gelten.

Wenn man Abgeordneter des Bundestages ist, sollte man von dieser gesetzlichen Universalität zumindest schon mal gehört haben. Schließlich ist man von seinen Mitmenschen dazu auserwählt worden, an den allgemein gültigen Gesetzen des Landes mitzuschreiben – denn genau dafür wurden den Abgeordnete einige besondere Privilegien eingeräumt. Zum Beispiel die Festlegung, dass der Abgeordnete nur seinem Gewissen verpflichtet sei, was allerdings ausdrücklich keine Straffreiheit nach sich zieht, sollte sich das „Gewissen“ des Abgeordneten gern jenseits der Landesgesetzes aufhalten.

Da wäre zum Beispiel der Fall des linken Bundestagsabgeordneten Dieter Dehm, der Ende August einen afrikanischen Flüchtling im Kofferraum seines Autos nach Deutschland schmuggelte. Das ist zweifellos illegal und in keiner Weise mit den Pflichten eines Abgeordneten vereinbar. Herr Dehm bricht das Gesetz, vorsätzlich noch dazu – und findet das ganz in Ordnung. „Ich bin mit mir im Reinen.“, sagt er und meint damit natürlich sein Gewissen, dessen moralischer Imperativ ihm höherwertig scheint, als ein paar lausige Landes-, Bundes-, oder EU-Gesetze. Meine Oma würde abgewandelt sagen: „Ein linkes Gewissen ist das bequemste Ruhekissen“. Und das linke Gewissen ließ in diesem Fall genauso grüßen wie 2010 schon von der Mavi Marmara. Was schert mich fremdes Recht, wenn mein Gewissen anderer Meinung ist.

Dehm, Dehm…den kennen wir doch, werden Sie sagen! Ist das nicht der, für dessen Bundestagsbüro der Ex-RAF-Terrorist Christian Klar arbeitet? Der Dehm, der im russischen TV erzählt, die deutschen Medien seien in der Hand der US-Geheimdienste, der den Schotter von Gleisen entfernen will, damit Castor-Transporte nicht stattfinden können und dessen Texterqualitäten in die kruden, menschenverachtenden Texte der Band „Die Bandbreite“ einfließen? Ein Hate-Speecher, Verleumder, Antidemokrat, Verschwörungstheoetiker, Schlepper und Bundestagsabgeordneter – ein Mann mit vielen Nebentätigkeiten und Talenten, die alle unter seinem großartigen Gewissen Platz finden. In der kleinen Aufzählung oben ist kurioserweise nur die Beschäftigung Klars keine Rechtsbeugung, dafür aber eine Geschmacklosigkeit.

Eine besonders schöne Episode in der Schlepper-Geschichte des Herrn Dehm ist die Tatsache, dass er den Flüchtling zunächst großzügig „in seinem Ferienhaus am Lago Maggiore“ unterbrachte. Früher zog man als Linker in eine WG im Schanzenviertel, heute muss es schon ein „Ferienhaus am Lago Maggiore“ sein, möchte man in der Szene als echter Revoluzzer und „Vorkämpfer der internationalen Solidarität“ gelten. In einer schönen Luxus-Immobilie in Oberitalien und mit einem edlen Glas Château Lafite in der Hand kämpft es sich prächtig gegen die Ungleichheit auf der Welt. Hauptsache ist immer, mit sich im Reinen zu sein – was zählt da schon die Tatsache, dass so manch anderer einen für „nicht ganz sauber“ hält.

Blömke/Kosinsky/Tschöpe https://commons.wikimedia.org/wiki/File:DIE_LINKE_Bundesparteitag_Mai_2014_Dehm,_Diether.jpg

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Antonik Seidler

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Aron Sperber

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