Erst ignorieren, dann nicht ausreden lassen – so macht man Konfrontation

Man könnte sich fragen, was die EU mit all ihrer Regulierungs- und Kontrollmacht veranlasst hat, den griechischen Patienten fünf Jahre lang aus der Ferne zuzusehen, sich regelmäßig aus Athen über das sinkende Fieber informieren zu lassen und zu glauben, das würde am Ende gut ausgehen! Trotz all der wenig überzeugenden aber positiv interpretierten Zahlen über Wirtschaftswachstum und Primärüberschuss hat man es nicht für nötig gehalten (oder wurde daran gehindert), die Dosierung der Medizin zu überprüfen und ab und an mal nach dem Rechten zu sehen – der Patient ließ sich ja auch nur ungern unter die Röcke schauen, wer tut das schon gern.

Ob es dem Patienten also im Januar 2015 wirklich schon besser ging wie behauptet wird, wissen wir nicht, denn anschließend ist er in die Hände von Quacksalbern mit klingenden Namen und akademischen Meriten geraten. Die versprachen Wunderdinge, weil sie angeblich die einzig richtige Medizin hätte, eine die süß schmeckt und es war wohl auch etwas Rezina beigemischt. Nach der Wahl kreiste dann der Löffel durch das Land, es wurden alle bitteren Therapien abgesetzt und der Patient fühlte sich einen Moment tatsächlich besser! Renten wurden erhöht, Beamte zurückgeholt, Wohltaten verteilt – man hatte es ja versprochen. Ein Wundermittel! Ein Wundertäter! Ein Wunder eben! Was aber dann kam, hätte nicht passieren dürfen: Die EU hielt die Quacksalber für Ärztekollegen!

Wir wissen, was passierte, ich will sie nicht langweilen. Aber hätte man dem Quacksalber nicht einfach eine 3W-Frage stellen können:

WAS haben Sie vor, WIE soll das gehen und WER soll das bezahlen?

Und, wichtig, die Antwort abwarten! Keine Einwände, kein „aber“, „auf keinen Fall“ oder „unsere Therapie wirkt doch schon“. Einfach warten, mitschreiben. Schlechten Argumenten begegnet man am besten dadurch, dass man ihre Darlegung nicht unterbricht und gute soll man nicht abwürgen. Europa hat nicht nur viel Geld in Griechenland „im Feuer“; Flammen, die auch mal leicht bis über die Alpen schlagen können und dies auch tun werden. Europa hat auch Glaubwürdigkeit und Gleichberechtigung im Feuer. Wenn die griechische Regierung wie geschehen verlangt hätte, sämtliche Schulden zu streichen und auf alle weiteren Hilfspakete zu verzichten, nimmt man diese Idee mit zurück in die Länder, die Parlamente, die Talkshows, Sonntagsfragen und Börsen. Die Demokratie nehme ihren Lauf und nach wenigen Tagen und Wochen kommen die Regierungschefs wieder zusammen und zählen die Stimmen. Das Ergebnis kann unsicher sein, das stimmt. Aber ehrlicher als das was wir jetzt haben wäre es allemal.

Liebe EU, so wie bisher geht Krisenmanagement nicht! Entwickelt also endlich mal ein echtes, denn die nächste Krise kommt bestimmt, weil Krise im Zusammenleben der Menschheit die Regel ist, nicht die Ausnahme! Der hastig zusammengezimmerte Euro mit seinen bürokratischen Anbauten wird immer mehr zum Provisorium. Alle sitzen ängstlich unter dem Dach, das bei einsetzendem Regen hastig gezimmert wurde, das aber nie geplant war weil es unter § 1 Abs. 1 heißt: Die Sonne scheint!

Das was gerade mit Griechenland passiert gleicht einem Sprung vom Dach eines Hochhauses. Wir lächeln in jedes Fenster an dem wir vorbeifallen und rufen „Puh, bis hierher ging alles gut!“ – ich fürchte, wir sind gerade am dritten Stock vorbei, das nächste Hilfspaket läuft ja in drei Jahren aus. Griechenland ist übrigens nicht allein gesprungen…

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fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:11

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