Simone Peter von den Grünen war anzumerken, dass sie statt eines gepressten Statements viel lieber „Scheiiiiisssseeeeehh!!!“ in die Mikrofone gebrüllt hätte. Aber sie riss sich zusammen und sprach lieber von der „menschenverachtenden Politik“ und „menschenverachtenden Politikern“ und verstieg sich gleich zu Anfang in die These „Wir werden wohl gebraucht. Als Gegenpol zur AfD, als Gegenpol zu rechter Hetze…“. Nun, Frau Peter, diesen Job werden Sie dann wohl als APO, als Außerparlamentarische Opposition, machen müssen. Sämtliche AdHoc-Analysen am Wahlabend gingen wie selbstverständlich davon aus, dass es das Flüchtlingsthema war, dass die Wahl bestimmt hätte. Und das „obwohl es in McPomm kaum Flüchtlinge gibt…!“. Wenn man aber schon zu dieser Feststellung kommt, wundert es mich doch sehr, dass immer wieder die falschen Schlüsse gezogen werden.
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Die Prognosen stimmen wieder
Als im März die ersten Hochrechnungen der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt über die Bildschirme liefen, fiel so manchem Wahlforscher die Kinnlade runter. Nie und nimmer hätten sie damit gerechnet, dass die AfD bei 24% landen würde! Die schlimmsten Prognosen landeten irgendwo bei 17% – man lag um Welten daneben. Was war passiert? Sagten die Befragten bei den Umfragen etwa nicht die Wahrheit, obwohl die Befragungen anonymisiert wurden? Hat sich vielleicht die Stimmung gedreht und je näher man dem Wahltermin kam, umso stärker? Ich glaube, es war eine Mischung aus beidem. Verstärkt wahrscheinlich noch durch den Effekt, dass die sogenannten „etablierten“ Parteien immer stärker auf das Thema „AfD verhindern“ setzten: Verschenke deine Stimme nicht, wähle nicht die Rechtsextremen, wer AfD wählt, ist ein impotenter Nazi-Radikalinski, der das Dritte Reich verherrlicht, Flüchtlinge erschießen will und vor dem zu Bett gehen Stoßgebete an den ewigen Führer richtet – das muss das Wahlvolk doch endlich einsehen. Schließlich wiederholt man es ja in Dauerschleife!
Genau diese Dauerschleife sorgte nun bei den Landtagswahlen in McPomm für mehr Genauigkeit in den Prognosen. Es spielte schon fast keine Rolle mehr, dass die anderen Parteien wieder vor allem einen Anti-AfD-Wahlkampf machten, weil ihnen in dieser Frage offenbar niemand mehr zuhört. Der Wahlausgang in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt ließ sich noch als Betriebsunfall oder Fleischwunde wegwischen. In Mecklenburg-Vorpommern treibt er den Verlierern wie Frau Peter die Tränen in die Augen.
Die AfD ist keine Anti-Flüchtlingspartei – sie ist eine Anti-Merkel-Partei!
„Alle demokratischen Parteien mussten Verluste hinnehmen“ sagt Frau Peter und subsummiert damit symptomatisch großzügig SPD, CDU, Linke, FDP und Grüne in das demokratische Lager – ich nehme an, dass die Verluste der NPD nicht in diese Kategorie gezählt werden. Zählt man die Verluste aller Parteien zusammen und addiert auch noch die höhere Wahlbeteiligung, kommt man ziemlich exakt auf die 20%, die die AfD erzielt hat. Den „etablierten“ Parteien gehen aber nicht nur die Wähler verloren, auch die Unterstützer und Mitglieder wenden sich mit Grausen von dem ab, was ich „Merkels politische Deutschland AG“ nennen möchte. Denn was für einen gewaltigen politischen Scherbenhaufen in der Parteienlandschaft die Kanzlerin nach drei Amtszeiten hinterlassen hat, sieht man daran, wie austauschbar Themen und politische Grundsätze geworden sind und wie ungeniert Frau Merkel die politischen Festungen der anderen Parteien geplündert hat. Die SPD hat den Mindestlohn an sie verloren, die Grünen den Atomausstieg und der Linken stahl sie den politischen Opportunismus gegenüber Moskau und Ankara. Dabei bleibt sie flexibel, ist mal dagegen und mal dafür. Atom ja, Atom nein. Energiewende ja, aber nicht so schnell. Deutschland ist kein Einwanderungsland, freut sich aber über jeden Besuch, wenn er zu Fuß kommt. Deutschland ist Bildungsrepublik, kann sich aber keine Lehrer leisten. Derselbe Schlingerkurs in Europafragen. Alles kann, nichts muss und unser Zusammenleben sollen wir in Zukunft „täglich neu aushandeln“. Frau Merkel hat die Entweder-Oder-Parteien in Deutschland in Sowohl-Als-Auch-Parteien verwandelt – und zwar alle!
Extremistendämmerung in allen Parteien
Wenn Frau Peter von „Menschenverachtung“ spricht, adressiert sie die AfD, nicht deren Wähler. Wenn die Nerven jedoch blank liegen, gehen andere da schon mal etwas weiter. Ihr grüner Parteifreund Daniel Mack twittert, McPomm sei das „am dümmsten besiedelte Bundesland“. Selbstverständlich meint er damit nicht das Abschneiden der AfD! Denn wenn er selbst nicht unter schwerer Dyskalkulie leidet, weiß er, dass diese in Sachsen-Anhalt noch besser abschnitt als zuletzt in McPomm. Nein, dumm ist, wer die Grünen nicht in den Landtag wählt! Wer sagt, dass die AfD das Monopol auf Hetze, Verunglimpfung und dampfnudeldumme Politiker hat?
Als großes Problem könnte sich indes die tatsächliche Zusammensetzung der AfD erweisen. Es sind nämlich besonders enttäuschte Mitglieder der SPD, der CDU, der Grünen und sogar der Immerguten Linken, die die Fahnen wechseln. Die Tendenzen zu Rassismus und Antisemitismus holt man sich auch von dort! Als der Spitzenkandidat der AfD, Leif-Erik Holm, am 4.9.2016 in Schwerin das gute Abschneiden seiner Partei feierte, konnte man links hinter ihm eines der denkbar linkesten Symbole leuchten sehen: Eine palästinsische Kufiya. Kein strammer rechter Antisemit trägt sowas, Rassisten schonmal garnicht! Die Kufiya ist in Europa das klassische Symbol der Links-Schickeria, die zwar nicht gegen Juden hat, aber den Zionismus und die „israelische Appartheit und die Besatzung“ bekämpft und sich dazu auch gern mit den Neofaschisten von Hamas und Hisbollah verbündet. Eine feine Truppe also, die in Deutschland politisch nie heimatlos ist, weil sie für ihr „Heimatgefühl“ weder die NPD noch die AfD braucht. Bei Grünen und Linken sind sie genauso willkommen und bestens aufgehoben – ein offenes Franchise also.
Politischer Wind und Merkels Kind
Der politische Wind in Deutschland weht seit Jahren immer in eine Richtung. Er dreht sich gelegentlich, justiert sich, wendet sich auch manchmal auch um 180°, aber Gegenwind gab es kaum. Frau Merkel könnte mit ihrer Politik inhaltlich jede Partei führen, weil sie alle Parteien bereits politisch enteignet hat. Wir können vielleicht bei der nächsten Bundestagswahl die „Kandidaten der Nationalen Front“ wählen. Deshalb der alternativlose Wind der ganz großen Koalition aus CDU, SPD, Grünen und Linken, deshalb die Erosion von politischen Standpunkten zugunsten größerer Beweglichkeit in alle Richtungen.
Keine Partei außer der AfD steht heute kompromisslos für das alles beherrschende Thema: Die Ablehnung der Kanzlerin. Das genau ist die Kernaussage der AfD und genau diese Aussage ist es, um die sich alle anderen, enteigneten Parteien herumdrücken, weil sie glauben und hoffen, wenigsten noch als Steigbügelhalter oder Mehrheitsbeschaffer der Kanzlerin nützlich sein zu können und so nicht allzu weit entfernt von den Zitzen der Macht politisch zu überleben. Dabei ist es längst an der Zeit, abzustillen.
Die AfD ist eine politische Chimäre aus allen deutschen Parteien, entstanden aus politischer Gleichschaltung, genährt mit jeder Art Ressentiment, die es schon immer in unserem Land gab – und Angela Merkel ist ihre Mutter.
Spricht man an der Basis der CDU, SPD oder CSU mit den Menschen, so stellt man fest, dass diese Erkenntnis überall angekommen ist. Bisher verhindert aber die eindrucksvolle Strecke an Jagdtrophäen zu Merkels Füßen – Müller, Koch, Merz, Stoiber, Wulf,… – dass jemand zur Lanze greift, um sich der Chefin zu stellen. Zu groß ist die Angst vor einer Frau, die durch politischen Vatermord an die Macht kam. Ich fürchte jedoch, solange Frau Merkel Kanzlerin bleibt, wird die AfD weiter von Erfolg zu Erfolg eilen – ganz gleich, was die Flüchtlingszahlen oder die zuckersüßen Meldungen von der Integrationsfront sagen.