„Ode an die Freude“, Feuer an der Elbe

Ich kann gut verstehen, warum sich Staatslenker und Metropol-Bürgermeister um Veranstaltungen wie Olympia oder G20-Gipfel reißen: es ist einfach eine verlockende Gelegenheit, die schönen Seiten der Stadt herzuzeigen und ein Bisschen anzugeben. Wer schaut da schon auf die Kosten! Oder darauf, ob die Bevölkerung eine solche Veranstaltung für eine gute Idee hält. Zu Olympia wurden die Hamburger befragt und diese hatten mehrheitlich abgelehnt. Es ist anzunehmen, dass eine ähnliche Befragung zum G20-Gipfel vergleichbar ausgegangen wäre. Gut, dass man diesmal nur die Politiker gefragt hat! Kommt in Merkels Geburtsstadt, hieß es. Kommt nach Hamburg, haben sie gesagt. Das gibt schöne Bilder noch kurz vor der Bundestagswahl, haben sie gesagt. Unvergessliche Eindrücke mit Bedeutungs-Schlagsahne warten auf die Weltpolitik – na, das hat ja schon mal gut geklappt!

Was die Begrüßung der Gäste angeht, hatte Merkels Ehemann Prof. Sauer mit dem „Damenprogramm“ eigentlich das bessere Los gezogen. Denn während sich seine Frau mit einem im Rampenlicht stets auf „Big Balls“ gebürsteten Donald Trump herumschlagen muss, sollte Joachim Sauer unter anderem Melania Trump auf einer Hafenrundfahrt begleiten. Doch daraus wurde nichts. Die saß nämlich wegen der Hamburg-Riots im Hotel fest. Und so haben es ein paar Hundert Vollchaoten mit einem IQ nahe Zimmertemperatur verhindert, dass der wahrscheinlich effektivste diplomatische Weg in den Kopf des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika – der über seine Frau – verstellt bleibt. Man soll halt keine Gelegenheit auslassen, eine Chance zu verpassen.

Doch das sind nur Petitessen angesichts der Tatsache, dass man für die Ausschreitungen ja auch einfach die Polizei verantwortlich machen kann, wie Katja Kipping das tut, wenn sie von „marodierenden“ Polizisten spricht oder Jakob Augstein, der mutmaßt, die Polizei würde sich langweilen und bekäme nun „Auslauf“ in der Hansestadt. Dabei darf sich der Salon-Revoluzzer noch freuen, dass seine Sammlung von Sukkulenten nicht wie Autos aufgereiht am Straßenrand steht, um dort als „Fackel der Argumentation“ ihrer revolutionären Bestimmung zugeführt zu werden. Ich frage mich allerdings schon, was der Besitzer dieses hellblauen Uralt-Daihatsu für eine Rolle im fiesen Plan der Kapitalistenschweine spielt, dass man auch ihm oder ihr das Auto anzünden muss. Wahrscheinlich handelte es sich um das getarnte Dienstfahrzeug einer Reinigungskraft in den Hinterzimmern der Macht – hab ich da nicht einen Aufkleber „I like Bilderberg“ gesehen…nimm das, Imperialistenhelferlein!

Und während in der Elphi die Regierungschefs gebannt Beethovens Klängen und Schillers Worten lauschen, schlagen draußen Linksextremisten – die es ja nach Aussage unserer ehemaligen Familienministerin Schwesig fast gar nicht gibt – eine der lebenswertesten und reichsten Städte Deutschlands kurz und klein um zu beweisen, dass „die da drin“ schädlich für die Welt sind. Selten wurden oberflächliche Argumente so schlecht vertreten. Selten wurde so deutlich dargestellt, warum Proteste heute kaum noch inhaltlich bis zu denen vordringen, die diese Proteste dringend hören und begreifen sollten. Einen Bärendienst erwiesen die Troublemaker den ehrlichen Protestierern, denen die Politik nun wieder mal aus gutem Grund aus dem Weg gehen kann. All die vermummten Vollidioten verhinderten gerade, dass international entscheidende Politiker mit dem in Kontakt kommen, was Realität, Gegenöffentlichkeit und friedlicher Protest ist. Der Beweis ist erbracht, dass sich internationale Diplomatie besser in den Hochsicherheitszonen despotischer Oligarchien abspielen kann, als in einer gastfreundlichen Stadt in einer europäischen Demokratie. Und jeder, der die lauten Brüll- und Zündaffen für eine wie auch immer geartete Opposition gegen Regierungshandeln nach Merkels gusto hält, wird nach G20 in Hamburg froh sein, weiter mit genau dieser Kanzlerin verhandeln zu dürfen, denn die zündet wenigstens keine Autos an – die Welt zu Gast bei Idioten, herzlichen Glückwunsch!

Das laute Schweigen der Linken und Ganzlinken zu den bürgerkriegsähnlichen Zuständen in Hamburg spricht Bände. Doch war es nicht die Linke, die bei jeder Gelegenheit nach „diplomatischen Mitteln“ schreit, wenn irgendwo auf der Welt ein Schuss fällt? Jetzt duckt sie sich feige weg, wenn in einer deutschen Großstadt Polizisten beschossen und beworfen werden, Autos brennen und Geschäfte verwüstet werden. Wo bleiben die Forderungen nach Deeskalation? Wo die Aufforderung, Konfrontationen zu vermeiden? Ist Gewalt gegen die Polizei, die in diesem Staat von der Verfassung mit dem Gewaltmonopol beauftragt ist, plötzlich erlaubt? Kann man hier wirklich von „beidseitiger Eskalation“ sprechen, wie unsere Medien dies gerade tun?

Es ist leider die auf die Spitze getriebene linke Ideologie, die sich als internationales Franchise gewaltsam durch die schönsten Viertel Hamburgs frisst. Es ist die Ideologie des Gleichmachens, die sich nun mal am einfachsten und wirkungsvollsten in der materiellen Einäscherung allen Besitzes bewerkstelligen lässt. Es ist das klappernde, brüllende und flammenschlagende Eingeständnis der Ideenlosigkeit, der Unfähigkeit zum Dialog und des typisch linken Wahns, der Zweck sei immer Herr über die Mittel. In Hamburg wird gerade mustergültig der kausale Zusammenhang zwischen linker ideologischer Verblendung und Faschismus bewiesen.

„Wozu denn eigentlich das alles“ werden sich viele fragen. Wozu diese Gipfeldiplomatie und dann noch Gäste wie Saudi-Arabien, Russland oder die Türkei dazu einladen? Bei einigen der Gäste ist mir ja selbst mulmig zumute. Ich frage mich jedoch, was die Alternative dazu sein könnte, auch in solchen Formaten miteinander zu reden. Die UN vielleicht, bei der es im Gegensatz zur G20 nicht einmal theoretisch möglich wäre, eine Mehrheit demokratisch verfasster Staaten zustande zu bringen? Einer UN, die sich – wenn es nicht gerade darum geht, Israel schon aus Prinzip jede Woche eine Resolution um die Ohren zu hauen – nicht auf die Farbe von Scheiße einigen kann? Und wo ist eigentlich der Protest der sogenannten „Autonomen“, wenn bei den Gipfeln der Afrikanischen Union kein einziges europäisches Land mit am Tisch sitzt, deren Hilfsgelder doch schließlich so großzügig in die Taschen der afrikanischen Despoten fließen?

Doch die bittere Wahrheit ist, dass das Schicksal Afrikas, fairer Welthandel, Terrorbekämpfung und Konfliktlösungsversuche sowohl den Schwarzvermummten als auch ihren ideologischen Stichwortgebern nicht gleichgültiger sein könnte. Sie wollen lediglich die Asche erzeugen, mit der sie die Felder einer „besseren Welt“ düngen werden, an der sie mit Hass, Gewalt und maximaler Intoleranz zu arbeiten glauben. Kennen wir. Hatten wir schon mal. Brauchen wir nicht wieder.

Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: „Ich bin der Faschismus“. Nein, er wird sagen: „Ich bin der Antifaschismus“– Ignazio Silone

shutterstock/Don Pablo

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