Sonntag Nachmittag. Ich bin mal nicht als Wanderer unterwegs, sondern drehe quasi vor der Haustür eine Runde mit dem Mountainbike. Mit meinen fünfzig Jahren auf dem Buckel versuche ich mich gesund zu ernähren und als Bürohengst suche ich den Ausgleich in der Natur. Zu alt um als Adrenalinjunkie Wildes zu befahren, quäle ich mich also mit dem Bergradl eine Forststrasse rauf. Mitten im Hang höre ich von weitem ein Motorengeräusch und es laufen Bilder in meinem Kopf ab, wie sie vermutlich schon jeder Radlfahrer erlebt hat. Ich stelle mich an den Rand der Forststrasse, um den Herrn in Grün nicht mit seinem SUV zu behindern und glaube an den Funken einer Chance, dass er freundlich grüßend an mir vorbeifährt. Selbstbetrug kann so verlockend sein, aber leider holt einem dabei auch die Realität schneller ein als man sich mit einem Bergradl davon machen kann.
Auf meiner Höhe bleibt der heranrollende Geländewagen stehen, das sich öffnende Fenster bringt uns näher und der im Saft stehende Jäger samt seiner ebenfalls korpulenten Beifahrerin mustern meine Anwesenheit. "Junger Mann, das ist Privatbesitz und da ist Radfahren verboten. ...." es folgen ein paar schlaue Belehrungen und der Hinweis, dass sie jetzt jagen fahren und eben nicht gestört werden wollen. Selbst Förster, überlege ich einen kurzen Moment ob ich meine Gesetzesübertretung mit denen der lokalen Jägerschaft aufwiegen soll, denn derlei könnte ich einige aufzählen. Da der Tag des Herrn nicht zum Ärgern ist, verzichte ich auf ein Streitgespräch und drehe um und suche mir eine alternative Route, um meine sportliche Aktivität dennoch zu genießen. Der dicke Mann samt Anhang hatte hoffentlich ebenfalls Erfolg bei der Jagd, wie auch immer sich an diesem Tag für die Beiden dies definieren lässt.
Angesichts der Möglichkeiten ist es wieder mal glimpflich ausgegangen, und dennoch ist es mehr als nervig, sich von Herrschaften belehren zu lassen, obwohl es im überwiegenden Rest Europas gar keine Frage ist, dass Mountainbiken eine legale Form der Naturnutzung und Freizeitgestaltung ist.
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In Österreich ist keine Besserung in Sicht, denn der Geldadel und damit die Jagdgesellschaft hat die Parteien fest im Griff und verstehen es gekonnt geschickt zu Lobbiieren. Parlamentarische Versuche wie auch zivilgesellschaftliche Anstrengungen um hier europäische Normalität im Umgang mit Radfahrern herzustellen, konnten mit einer Leichtigkeit abgeschmettert werden. Frei nach dem Motto "ist ja schon eine Zumutung, dass uns der Kreisky die Wanderer in den Wald gebracht hat" wird jede weitere Betretungsbefugnis als Naturfrevel abgeschmettert. Argumente werden in Stellung gebracht, bei denen sich Außenstehende nur wundern können, aber das ist auf der österreichischen Politbühne ja eher kontraproduktiv als das es für eine sachliche Änderung hilfreich wäre.
Jetzt bin ich seit ca. 30 Jahren mit dem Mountainbike in den Wäldern und Bergen unterwegs und genieße die Natur. Ich gehe davon aus, dass ich die Umwelt nicht mehr störe, als ich das als Wanderer auch tun würde. Als Förster verharre ich in dieser Annahme, obwohl ich natürlich wenige Rückzugsgebiete und Ökosysteme in unserer Kulturlandschaft sehe, die wir nicht als Sport- und Jagdrevier bzw. Resourcenspender betrachten sollten. Der überwiegende Rest unserer Natur ist allerdings bedenkenlos auch fürs Radfahren geeignet und sollte daher auch per Gesetz ermöglicht werden.
Professor Gruber hat seine Wette als Siencebuster verloren weil er angenommen hat, dass zu seinen Lebzeiten noch exterrestrisches Leben entdeckt wird. Dies lehrt mich, keine Wette einzugehen, dass ich davon überzeugt wäre, dass ich zu meinen Lebzeiten noch mal uneingeschränkt mit meinem Bergrad in Österreich Forstwege befahren dürfte.
Leider liegen die vielen legalen Touren fremder Länder nicht direkt vor der Haustür und ich fühle mich gezwungen, weiter im Ungehorsam zu verharren um mich unter anderem per Mountainbike fit zu halten, sodass ich eben keinen SUV benötige, um in die hügeligen Voralpen oder andere Regionen Österreichs vorzudringen, ohne Gefahr zu laufen, an einem Herzinfakt dahin zu scheiden.
Mir bleibt die Hoffnung, dass ich auch weiterhin als "junger Mann" mal kurz belehrt werde um dann ungestraft von Tannen ziehen zu können ohne meine Asse aus dem Ärmel ziehen zu müssen....