Ich bin 1942 geboren. Ich habe das Kriegsende erlebt. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie die damaligen Flüchtlinge gekommen sind. Leute aus den Konzentrationslagern, furchtbar. Da sind Menschen zu unserem Gartenzaun gekommen und haben meine Mutter gefragt, ob sie etwas zu essen für sie hat. Sie hat es ihnen direkt vom Garten weg gegeben – sie haben sich bedankt. Ich bin mit solchen Flüchtlingskindern in die Schule gegangen. Ich bin froh, dass es damals so war und wir niemanden weggeschickt haben! Es war genau dieselbe Situation wie heute.
Die Menschen heute wie damals gehen ja nicht zum Spaß von Zuhause weg. Wenn ich mir vorstelle, man ist in der Fremde und nichts passt. Man kommt her und keiner hilft. Man hat nichts zu schlafen, nichts zu essen, niemanden, den man kennt ... das ist eine Katastrophe. Wenn man das erst einmal überwindet, dann geht es schon irgendwie. Dann muss derjenige schauen, dass er wieder auf die Füße kommt – weil er muss ja zuhause auch wieder angeben können.
Ich war am Westbahnhof und habe mir die Lage dort angeschaut. Es ist katastrophal und entsetzlich! Es gibt dort soviel Arbeit – und es bräuchte viel mehr Leute, die helfen. Lange halten die ehrenamtlichen Helfer die Belastung sicher auch nicht mehr aus, aber eine zeitlang geht’s schon noch. Man muss halt auch immer loben und sagen, das hast gut gemacht! Das brauchen wir alle.
Ich bin zuversichtlich: Wir werden die Situation schaffen. Damals haben wir´s ja auch geschafft.
