Gerade eben war ich noch Single. Ich war nur auf mich selbst gestellt und lediglich mir selbst gegenüber zur Rechenschaft verpflichtet. Doch plötzlich ist alles anders. Ich habe einen Mann kennengelernt. Dass er zwei Kinder hat, stört mich nicht. Oder doch?
Voller Vorfreude begebe ich mich auf den Weg zu meinem ersten Kennenlernen mit dem Sohn meines neuen Partners. Doch die anfängliche Vorfreude und Neugier weicht Angst, desto näher ich meinem Fahrtziel komme, der Angst, von dem Sohn nicht akzeptiert, als Fremdkörper und als störend wahrgenommen zu werden. Es schießen tausende Fragen wirr durch meinen Kopf. So sind „Was ist, wenn er mich doof findet?“ und „Haben wir als Paar überhaupt eine Zukunft, wenn die Kinder mich doof finden?“ nur zwei der Fragen, die mich die gesamte Autofahrt über beschäftigen.
Endlich angekommen. Die Nervosität steigt ins Unermessliche. Ich würde vor Angst am liebsten wieder umkehren, da erfahre ich auch noch, dass der Kleine gar keine Lust auf meinen Besuch hat. – Einige werden denken: „Ist doch klar, der Kleine hat Angst, dass er Papa mit der neuen Frau teilen muss“. Dieser Einwurf ist durchaus berechtigt, doch wurde ich nicht als Papas neue Freundin angekündigt, sondern „lediglich“ als Besuch. – „Was nun? […] Umdrehen? […] Es dabei belassen?“ Schließlich will ich nicht das Gefühl vermitteln, mich zwischen Sohn und Papa drängeln zu wollen. „Nein! Da musst du jetzt durch! Wird schon werden“, sage ich mir immer wieder selbst.
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Nach einem ersten Beschnuppern ist die anfängliche Skepsis des Kleinen (so gut es geht) verflogen und wir spielen miteinander. Papa lässt uns dabei die meiste Zeit allein, um uns die Möglichkeit zu geben, uns aneinander zu gewöhnen. Ich merke, dass der Kleine mich mag und bin total erleichtert, vor allem aber glücklich. Nach und nach knüpfen wir ein dünnes Band zwischen uns. Es ist zwar noch ein ganz dünnes Band, aber es ist ein Anfang.
Wieder auf dem Weg nach Hause beginnt das Gedankenkarussell von Neuem. „Kann ich mir WIRKLICH eine Zukunft mit einem Mann vorstellen, der bereits zwei Kinder hat?“ Vor allem aber beschäftigt mich die Frage „Welche Rolle werde ich in dieser Familienkonstellation spielen?“
Ich müsste lügen, würde ich behaupten, dass es alles ohne Probleme verläuft. Dies sind keine Probleme auf der Beziehungsebene zwischen meinem Partner und mir. Doch auf welcher Ebene bestehen die Probleme dann? Ganz allein auf meiner ganz persönlichen Ebene. Gott sei Dank das ich all dies mit ihm Kommunizieren kann.
Ich lasse mich nicht nur auf EINEN neuen Menschen ein, sondern gleich auf DREI Menschen, die bereits eine eingeschworene Gemeinschaft bilden, mit ihren ganz eigenen Regeln und Gesetzen, die eine gemeinsame Vergangenheit haben, die ein eingeschworenes Team sind.
Darüber hinaus ist es vollkommen neu für mich, nicht mehr auf mich allein gestellt und nur für mich „verantwortlich“ zu sein. Da ist auf einmal jemand, den man in all seine Überlegungen und Planungen mit einbeziehen muss. Nein, damit meine ich nicht nur den neuen Partner, sondern auch die Kinder. Früher waren meine Partner und ich „frei“. Wir konnten spontan die Nacht zum Tag machen und auch einfach 'mal das ganze Wochenende oder auch eine ganze Woche das Bett nicht verlassen. Das alles geht so nicht mehr. Zumindest nicht in dem Maße, in dem ich es bisher gewohnt war. Jetzt muss geplant werden, wann wir uns wo treffen. Wann hat mein Partner die Kinder bei sich, wann sind sie bei der Mutter? Wie können wir den Kindern eine schöne und spannende Zeit bereiten? Welche Unternehmungen könnten den Tag schöner gestalten?
Das alles ist für Eltern Normalität. Viele werden sich wahrscheinlich fragen „Wo ist das Problem?“ und sich denken „Sie soll sich mal nicht so anstellen, das habe ich JEDEN Tag“. Durchaus richtig, doch für mich ist das mit einem Schlag alles neu. Ich lerne nicht nur einen Mann näher kennen, mit dem ich mir vorstellen kann, sehr viele Jahre meines Lebens zu verbringen, sondern mit einem Schlag eine kleine Familie, auf die ich mich einlassen muss, deren Gepflogenheiten und „Regeln“ ich verinnerlichen muss, wenn ich irgendwann ein Teil von ihr sein möchte. Das scheint lapidar, doch es ist für mich nicht immer leicht. Vor allem, da ich mich immer wieder frage „Bin ich dem Ganzen überhaupt gewachsen und kann ich dem gerecht werden, was man von mir 'erwartet'?“ Ich habe nicht nur Angst, etwas falsch zu machen, sondern auch, einen Fremdkörper in diesem kleinen Familienkonstrukt darzustellen – was keinesfalls bedeuten soll, dass mir mein Partner dieses Gefühl auch nur ansatzweise vermittelt. Im Gegenteil. Angst, dieser neuen Situation nicht gewachsen zu sein und einen wunderbaren Menschen und seine wunderbaren Kinder „zu verlieren“.
Ich wage einen Blick in die Zukunft und frage mich: „Was werde ich in den Augen der Kinder für sie sein? Eine (böse) Stiefmutter oder eine Wegbegleiterin, eine Freundin? […] Werde ich von den Kindern (irgendwann) als Familienmitglied akzeptiert und bin ich lediglich ein geduldetes Anhängsel?“ All dies muss die Zeit zeigen.
Doch in einem Punkt bin ich mir bereits heute sicher: Ich MÖCHTE sehr gern ein Teil dieser kleinen Familie sein, mich auf die Regeln und Gepflogenheiten dieser einlassen und mein Leben nicht nur mit dem Papa, sondern auch mit den Kindern teilen.
p.s. auch Heute kennen mich die Kinder nur als Bekannte. "Erst wenn wir uns sicher sind, das unsere Beziehung hält!" hat er gesagt. Anfangs hatte ich damit ein Problem, aber mittlerweile kann ich es verstehen.