Hand aufs Herz, wer liest sich eigentlich genau die Nutzungsbedingungen bei Facebook durch?

Die meisten gehen wohl davon aus, dass sie dieses im Rahmen der Meinungsfreiheit nutzen dürfen, dass man dort keine Pornos postet, keine strafrechtlichen oder verhetzenden Inhalte (wobei das mit der Hetze in letzter Zeit leider auch ein seeehr überdehnter Begriff geworden ist), oder dass man dabei keine Urheberrechte verletzt und nicht Bilder von Anderen als eigene ausgibt oder sie sonst auf eine nicht gestattete Weise nutzt. Soweit, so gut. Eigentlich wähnt man sich auf der sicheren Seite, wenn man es so handhabt, war bei mir auch nicht anders, zumal ich mein Konto jahrelang ohne jede Beanstandung, ohne Löschung auch nur eines einzigen Kommentars oder Beitrags von mir, ohne Kleinsperren von drei Tagen oder so genutzt habe.

Wusstet ihr DAS?

Was macht der normale User so auf Facebook? Man postet Dinge aus seinem Leben, Fotos von der Urlaubsreise, dem Sonnenuntergang, von Hunden, Katzen, Eltern, Kindern, Freunden, Ehemännern- oder Frauen, Künstler zeigen ihre Kunstwerke. Politisch aktivere posten Kommentare zum Geschehen oder interessante Zeitungsartikel.

Nachdem mein Konto ja nun gelöscht ist, nicht einfach gesperrt für ein paar Tage oder Wochen, sondern eliminiert von heute auf morgen, ohne Vorwarnung (wer dazu näheres wissen will, lese bitte den vorherigen Blog), wird mir nun, wenn ich gelegentlich nachsehe, ob sich was verändert hat, folgender Text angezeigt:

Dein Konto wurde aufgrund eines Verstoßes gegen die Nutzungsbedingungen gesperrt.

Unsere Richtlinien

- Dein Konto muss deinen echten Namen enthalten (früher las ich mal, einen Namen, unter dem man dich kennt, worunter ich auch einen überall bekannten Spitz- oder Künstlernamen verstehe), aber ok, obwohl natürlich Millionen User nicht unter ihrem echten, sondern unter sofort erkennbaren "Fake"-Namen unterwegs sind, solange sie sich "harmlos" benehmen, kratzt das Facebook offenbar nicht so wirklich.

Aber jetzt kommts:

- Persönliche Konten dürfen AUSSCHLIESSLICH EINZELPERSONEN REPRÄSENTIEREN. Die Nutzung eines Profils zur Darstellung von etwas anderem als deiner Person ist ein Verstoß gegen diese Richtlinien, in Klammer kommt dann: Z.B. PROMINENTE - ich darf also noch nicht mal wenn einer stirbt mit seinem Foto/einem Zeitungsartikel darüber meine Trauer oder mein Beileid bekunden? HAUSTIERE - !!! Millionen Nutzer posten Bilder ihrer Haustiere auf Facebook, IDEEN - welche genau? auch meine eigenen nicht?, OBJEKTE - die Kirche, den Strand von der Urlaubsreise? Ein Kunstwerk? Eine Blume aus meinem Garten? Das Essen in meinem Lieblings Restaurant? Meinen Weihnachtsbaum? Einen Teddybären? Man sieht, die Begriffe sind im Grunde derart schwammig, dass man so ungefähr alles und jedes rein packen kann.

- Die Verkörperung anderer Personen oder Dinge ist nicht gestattet - also auch nicht mein Kind, die lustige Runde mit den Freundinnen, der Betriebsausflug, die Weihnachtsfeier?

- Keine Spam, aber gut, damit lebt auch jeder normale User da. Allerdings ist die Definition von "Spam" schon wieder rein der Willkür von Facebook überlassen. Wenn man jemand behindern (Shadow Ban) oder löschen will, behauptet man einfach, das war Spam, auch wenn das hundert Mal nicht wahr ist.

Das heißt im Klartext...

Dass auf die Art, wie ja Millionen oder Milliarden Nutzer Facebook normalerweise nutzen - WOZU SONST ist man denn dort? - eigentlich so gut wie JEDER gegen die Nutzungsbedingungen verstößt, und man jeden bei Bedarf sofort mundtot machen kann, ohne genau zu begründen, warum nun. Es reicht schon, dass man Fotos seiner Katzen da gepostet hat, und schon können sie einem einen Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen vorwerfen. Schön fies, nicht wahr?

Poste bloß nicht Deine Katze!

Denn alles außer der Darstellung meiner eigenen Visage ist im Grunde verboten, wenn man das nun ernst nimmt.

Damit erledigt sich allerdings dann auch der Zweck eines sozialen Netzwerkes und die Nutzung von Facebook gerät zur Sinnlosigkeit, man ist jeglicher Willkür ausgeliefert. Offiziell wird natürlich nie Zensur geübt, sondern ein "Verstoß" gegen Nutzungsbedingungen konstruiert, hab ja Fotos meiner Katzen (=Haustiere) und meiner Kunstwerke (=Objekte), oder "Spam" da gepostet. Dass man mich in Wahrheit nicht wegen meiner Katzen, denn die haben nun gute zehn Jahre lang niemanden gestört, sondern wegen einer politischen Seite gelöscht hat, wird man nie offiziell zugeben.

Ach ja, damit wirklich für das Schweigen unliebsamer Nutzer gesorgt ist, darf man sich natürlich auch kein zweites Konto eröffnen, wenn das erste gekillt wurde.

Gut, wie weit das alles wirklich rechtlich haltbar ist, muss an geeigneter Stelle geprüft werden. Denn selbstverständlich gibt es einen Vertrag zwischen Facebook und Nutzer, und Verträge dürfen nach normalem Rechtsverständnis nicht einfach nach Lust und Laune abgefasst werden, sondern unterliegen auch gewissen Regeln. Vor allem im Verbraucherrecht können diese durchaus streng sein. Intransparenz etwa oder die offensichtliche einseitige Benachteiligung des Kunden ist nicht erlaubt, ebenso sind Datenschutzregeln einzuhalten, wie bereits erfolgreich ein österreichischer Kläger gegen FB bewiesen hat. Nicht nur der Nutzer von Facebook bewegt sich nicht im rechtsfreien Raum, auch Facebook selbst nicht.

PS: Kommentare wie man braucht das ja nicht (ja, es gibt ein Leben ohne Facebook ;)), das ist ein Datenkrake (ja, weiß ich) oder irgendwelche technischen Ratschläge (ja, ich hab meine Daten schon lang mal gesichert) und Belehrungen sind unnötig.

Wenn mich hier überhaupt irgendeine Belehrung interessiert, dann ausschließlich von jemandem, der wirklich rechtlich Ahnung von dieser Materie hat.

Danke :)

4
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

pirandello

pirandello bewertete diesen Eintrag 27.10.2017 16:08:43

CK13

CK13 bewertete diesen Eintrag 25.10.2017 21:26:14

Fischler

Fischler bewertete diesen Eintrag 25.10.2017 15:24:11

Markus Andel

Markus Andel bewertete diesen Eintrag 25.10.2017 15:00:03

7 Kommentare

Mehr von vera.schmidt