Das Problem und Dilemma der hegemonialen Männlichkeit

Auf Youtube (und in Zeitungsforen) wird gerade inmitten eines sehr reaktionären Haterumfelds eine ganze Generation an hyperemotionalen unsozialen narzisstischen teilweise psychopathischen und zutiefst frauenhasserischen jungen Männern herangezüchtet, die im echten Leben nicht überlebensfähig erscheinen und die glauben, Games, Filme und Serien wären ihr alleiniges Eigentum. Auf Seiten wie Steam und Metacritic werden progressive künstlerische Erzeugnisse gehatet, downgevotet und mit Hetze überhäuft, als hänge davon das Schicksal der gesamten Männlichkeit ab. Die Gründe dafür sind banalst und man greift sich in Zeiten von Ukrainekrieg, Trump, IRAN-Idiotien und allgemeinem Rechtsruck an den Kopf und möchte fragen, ob sie denn keine anderen Sorgen hätten?

Nun ist es aber so, dass Trump, Verschwörungsfantasien und der allgemeine Rechtsruck sehr eng mit diesen Gamerbuben/Gamerboys und Internettrollen zusammenhängen: weit überwiegend sind das entweder infantile männliche Kinder/Jugendliche, die in ihrer Freizeit den ganzen Tag am Browser verbringen und in die undendlich tiefen schwarzen Shitholes von Youtube, Twitch, TikTok, Musks X, reddit, 4chan und metacritic abtauchen und versinken; oder es sind Männer mittleren oder älteren Alters mit noch weniger Medienkompetenz. Dort treffen sie auf ihre großen Vorbilder bzw. opinion leader: Männer mittleren Alters mit Vollbart, Käppi, Sneakers, Hoody und Jeans, die alle die gleiche Meinung vertreten, die gleiche Dinge hassen und die gleichen Dinge sagen. Man könnte meinen - auch wenn man die (Live-)Chats und Kommentare liest - und an die unendlich vielen Podcasts denkt, die meisten Männer heutzutage hätten ein unbändiges unstillbares Mitteilungsbedürftnis. Das wäre ja kein Problem, wenn sie das Netz mitsamt asozialen Medien nicht tatsächlich überschwemmen würden, alle anderen Menschen verdrängen würden und wenn sie nicht (fast) alle die gleiche Meinung vertreten würden.

Wir befinden uns hier mitten in der so genannten Mannosphäre: das Patriarchat, die hegemoniale Männlichkeit, befindet sich im Endstadium und diese Buben und Männer fühlen sich unsicher, entwurzelt, ratlos und flüchten daher in diese ältliche Parallelwelt. Sie sehen Zeiten herbei, die sie großteils gar nie erlebt haben: der Ernährer verdient für die Großfamilie, das Weibchen bleibt daheim bei den Kindern und putzt, kocht, kuscht auf Kommando, der Papa ist der Hausvater und Herr im Haus. Frauen existierten damals in Filmen hauptsächlich als Beiwerk, in Serien als Nebenfiguren und in Games so gut wie gar nicht. Genauso wenig gab es homosexuelle oder transidente Menschen, es gab keine geschlechtergerechte/inklusive Sprache, man konnte exzessiv Dieselautos ohne schlechtem Gewissen fahren und in der Schule wurde noch geprügelt. Diese Zeiten sehnen sich viele alte/ältere Männer genauso zurück wie junge Buben und mittelalte Burschen.

Denn jeden Platz, jeden Ort, den man mit Frauen, LGBT+ -Menschen, Immigranten oder anderen "Eindringlingen" teilen muss, den "verliert" man als Mann. Mann möchte aber keinen Platz teilen oder hergeben (auch nicht an Universitäten, in der Politik, Polizei, Justiz...), Mann möchte alle Privilegien behalten und an der Spitze der Nahrungskette bleiben. Genauso gelten leise mittelgroße E-Autos, Solaranlagen, Windräder als "unmännlich". Die Mannosphäre hat extreme Verlustängste bzw. Kastrationsängste und überschwemmt deshalb das Internet inkl. asozialer Medien, Frauen, Minderheiten, progressive Kunst, die nicht ausschließlich weiß und männlich ist, sowie die Parteienlandschaft mit Hass, Hetze, Rechtskonservatismus oder gleich mit Rechtsextremismus und Verschwörungsfantasien.

Parallel dazu tendieren (junge) Frauen langsam aber sicher immer mehr nach links, zu progressiven Einstellungen und haben die Schnauze voll vom Patriarchat: denn sie sind schon ewig in (Berufs-)Schulen und auf Universitäten besser und erfolgreicher. Sie wollen nicht mehr warten und nehmen die Sachen selbst in die Hand bzw. nehmen sich den Platz in der Gesellschaft, der ihnen zusteht. Das führt zu immensen Reibereien mit der verunsicherten hegemonialen Männlichkeit (die übrigens genauso im Sterben liegt wie der heutige rechtslibertäre hegemoniale Neoliberalismus). Im Endeffekt finden dadurch auch immer mehr Frauen mit anderen Frauen ihr Glück und Männer "werden" aus Frust und Sturheit und Unempathie zu Incels "gemacht".

Inklusive Games und Filme werden im Netz von den großen männlichen Kanälen genauso zerrissen wie von unzähligen Einzelhatern. Microaggressions heißt das und man gaukelt damit eine Meinungsführerschaft vor, die so schon lange nicht mehr existiert. Aber die Masse macht die Illusion und die Mannosphäre ist leider äußerst umtriebig und mächtig.

Eben diese Mannosphäre betreibt mit ihren verschiedensten Führern zB Trump, Musk, Höcke, Kickl eine antiemanzipatorische Konterrevolution, die die Zeit vor allem gesellschafts- und umweltpolitisch zurückdrehen will. Dazu in meinen nächsten Blogposts mehr.

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