Täter-Opfer-Umkehr auf "muslimisch-feministisch"

Der User Lassy hat mich auf einen bereits einige Monate alten Artikel bei HuffPost aufmerksam gemacht, der sprichwörtlich vorbuchstabiert, wie man unter dem wertvollen Titel "muslimischer Feminismus" sexistische Täter-Opfer-Umkehr betreibt, um sodann reaktionär-frömmlerische Ideen und Praktiken als das Um und Auf eines zeitgenössischen Feminismus zu präsentieren.

"Hippe Feministen-Kampagnen wie Free the Nipple ermutigen nur zu einem naiven, respektlosen Verhalten gegenüber unserer eigenen Körper, was dazu führt, dass alle anderen unsere Körper auch nicht mehr respektieren."

Zwei Behauptungen vertritt dieser Absatz:

1. Wer sich nicht verhüllt, respektiert den eigenen Körper nicht. Dafür wird kein einziges Argument genannt. Wieso denn respektiert eine Besucherin des FKK-Strandes ihren Körper nicht? Weshalb respektiert eine Frau, die öffentlich stillt, ihren Körper nicht? Das ist eine bloße Behauptung. Diese soll eine zweite rechtfertigen:

2. Wer den eigenen Körper durch mangelnde Verhüllung respektlos behandelt (unbewiesene Behauptung), muss sich nicht wundern, wenn alle anderen den Körper auch nicht respektieren. Man muss sich als Frau also nicht wundern über Übergriffe und Gewalt. So wird das Opfer von Übergriffen zur Täterin: durch ihr unverhülltes Auftreten hat sie die Ursache geschaffen, die dann zu Übergriffen führt. Umgekehrt: Wer will, dass der eigene Körper respektiert wird, also nicht zum Ziel von Übergriffen wird, muss sich verhüllen.

Man kennt diese Argumentation eigentlich eh. Das kurze Rockerl der Frau hat den Täter gezwungen, er hatte einfach keine Chance angesichts der nackten Haut! Zieh keine kurzen Röcke an, sonst bist selber schuld! Denn nackte Knie sind eine Einladung zum Übergriff etc.

Wenn das ein Alteingesessener sagt, dann weiß man sofort, woher der Wind weht. Schon seit Jahrzehnten kämpfen Frauen gemeinsam mit den Männern, die mit Tat, Tätern und deren schlussendlich männerfeindlichen Rechtfertigung* nichts zu tun haben wollen, gegen diese Rechtfertigungsideologie, gegen diese Opfer-Täter-Umkehr.

Das macht es umso erstaunlicher, dass man dieses Geseiere durchgehen lässt, sobald es um den Islam geht.

Fast schon lustig aufgrund des Widerspruchs:

"Wenn wir als Frauen respektiert und in allen unseren Bemühungen ernst genommen werden wollen, sollten wir nach anderen Vorbildern suchen - muslimische Frauen. Muslimische Frauen, genauso wie muslimische Männer, sehen jeden Körper als heiligen Tempel, vor allem den weiblichen Körper. Anstatt sich selbst zu präsentieren sollen sie bescheiden sein."

Und weil der Körper so geheiligt wird, wird er zum Ziel von Attacken, wenn nicht versteckt? Nichts für ungut, das ist natürlich bullshit. Und seit wann versteckt man Heiligtümer eigentlich? Normalerweise lässt man Heiligtümer prächtig erstrahlen.

"Als Frau fordere ich den Respekt für meine Person ein, nicht meinen Körper"

Diese Zwischenheadline tut so, als gäbe es Respekt für eine Person ohne Respekt für den dazugehörenden Körper. Das ist natürlich falsch: Die Voraussetzung für den Respekt einer Person ist natürlich der Respekt vor deren Körper. Das wird spätestens dann klar, wenn der Körper vernichtet wird: damit erlischt auch die Person. Der (unversehrte) Körper ist nichts weniger als die materielle Voraussetzung der Existenz einer Person.

Vor jeder Anerkennung einer Person kommt daher die Anerkennung des Körpers, erst darauf aufbauend ist Respekt für die Person überhaupt möglich.

Daher: Wer den (weiblichen) Körper zum Ziel von Angriffen macht (bzw. diese rechtfertigt), weil unverhüllt, soll doch bitte vom Respekt der (weiblichen) Person schweigen.

Also auch die Autorin des unterirdischen HuffPost-Artikels.

___

*Wie Lassy in seiner Kritik am HuffPost-Artikel richtig festhält, kommen in dieser Rechtfertigungsideologie Männer nur als halberte Tiere vor, die beim Anblick von Haut und Haaren willenlose Monster werden. Insofern ist die Täter-Ideologie männerfeindlich.

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