Sie interessieren sich für den Hintergrund von Angst- und Zwangsstörungen, Depressionen, Sucht, narzisstische Persönlichkeiten oder die Borderlinestörung?
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Es gibt wohl kaum einen Menschen, der vom Dach eines Wolkenkratzers in die Tiefe schauen kann, ohne dabei ein mulmiges Gefühl zu empfinden. Menschen sind eben für ein Leben auf der Erde und nicht zum Fliegen bestimmt. Wer aber beim Betreten eines Balkons im zweiten Erdgeschoss in Panik verfällt, sollte diese Angstreaktion nicht mehr so selbstverständlich hinnehmen.
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Das Angstgefühl, das manche angesichts großer Höhenunterschiede (im Gebirge, auf Aussichtswarten, Türmen, Wolkenkratzern) empfinden, geht meist mit starkem Schwindel einher. Manche fühlen sich wie durch einen unheimlichen Zwang in die Tiefe gezogen, sobald sie aus größerer Höhe irgendwo hinunterschauen. Manche verspüren sogar einen regelrechten Impuls zu springen. Andere wiederum werden von Panik geschüttelt, sobald sich jemand anderer (in erster Linie Kinder) einem hoch gelegenen Balkongeländer nähert, weil sie fürchten, dieser könnte impulsiv springen. Daran ändert das Wissen, dass in Wirklichkeit keine Gefahr besteht, nicht das Geringste.
– Von allen Ängsten kommen Höhenängste laut einer ifat-Studie aus dem Jahre 2007 am häufigsten vor. Jeder Vierte leidet darunter. 28,3 % der Betroffenen sind Frauen, 21,4 % Männer.
– Bei den Höhenängsten besteht ein starker altersspezifischer Einfluss. Vor allem junge Menschen unter 25 haben solche Ängste. Mit zunehmendem Alter werden sie kontinuierlich geringer.
– Interessanterweise lässt sich der bildungsspezifische Effekt bei den Höhenängsten nicht nachweisen.
– Im Beruf fühlen sich Menschen, die zu Höhenängsten neigen, vermehrt unter Zeitdruck und überlastet.
– In der Partnerschaft neigen sie zur Eifersucht.
Bevor Werner seine langjährige Lebensgefährtin heiratete, führte er ein unstetes Leben. Alkoholexzesse und wilde sexuelle Abenteuer in einschlägigen Fetisch und BDSM-Clubs waren ganz nach seinem Geschmack. Nach der Eheschließung wurde Werner ein anderer. Er hörte zu trinken auf. Ohne die entsprechende Promillanzahl schaffte er es auch, sein impulsives Verlangen nach sexuellen Exzessen und spielerischer Gewalt unter Kontrolle zu bringen. Mit fortschreitender Abstinenz traten bei ihm jedoch unerklärliche Höhenängste auf. Bald konnte er nicht einmal eine niedrige Aussichtswarte besteigen. Fahrten mit Aufzügen, Sesselliften oder gar Flüge wurden für ihn zum Horrortrip. Stand er auf einem Balkon und schaute in die Tiefe, verspürte er den fast unwiderstehlichen Zwang, auf der Stelle hinabzuspringen. Er konnte es aber auch nicht ertragen, wenn ein anderer sich über das Balkongeländer beugte. Noch im selben Augenblick erfasste ihn die Panik, die andere Person könnte aus einem Impuls heraus das Gleichgewicht verlieren und in die Tiefe stürzen.
Über die Assoziationskette abstürzen, stürzen, fallen, sich fallen lassen, loslassen, nachgeben, sich hingeben, keine Kontrolle mehr über das zu haben, was mit einem passiert, gewann Werner zunehmend Einsicht in die Hintergründe seiner Höhenangst. Im Unbewussten war die Höhe ein Äquivalent für seine aufgestaute Spannung. Hinter dem Zwang zu springen steckte nichts anderes als der Wunsch, endlich die Impulskontrolle aufzugeben, sich fallen zu lassen (loszulassen, sich gehen zu lassen) und sich ungehemmt – im freien Fall – den Begierden zu überlassen, die er unterdrückte, um seine Ehe nicht zu gefährden. Werner ist kein Einzelfall. Viele Männer leiden an einer Angststörung, weil sie Triebimpulse kontrollieren müssen, die mit den gesellschaftlichen Anforderungen nicht kompatibel sind. Die Versuchung loszulassen, zu springen, besteht also wirklich. Wenn auch nur im übertragenen Sinn und in der inneren Realität. Die Höhe ist demnach ein Äquivalent für das Ausmaß der Spannung, die vom verdrängten Impuls hervorgerufen wird. Hinter der Angst vor dem Fallen /Springen verbirgt sich in Wirklichkeit die Angst vor dem Impulsdurchbruch.
Es gibt aber auch noch andere Motive für die Entstehung der Höhenangst. Jeder kennt die Redewendung, „den Boden unter den Füßen verlieren“. Ein Patient mit Höhenängsten hatte einen stets wiederkehrenden Alptraum: Im Traum war er wieder ein kleines Kind. Es war Nacht und er lag in seinem alten Bett im Kinderzimmer, als er dringend „auf die kleine Seite“ musste. Der Weg auf die Toilette führte ihn am Schlafzimmer seiner Eltern vorbei. Am Rückweg merkte er, dass durch den Türspalt aus dem Schlafzimmer warmes, gelbes Licht drang. Doch als er die Schlafzimmertür freudig aufriss, erlosch das Licht auf der Stelle. Die mysteriöse Angelegenheit wiederholte sich dreimal. Als er die Schlafzimmertür zum dritten Mal öffnete, war der Raum gleißend hell erleuchtet. Gleichzeitig verlor er den Boden unter den Füßen und stürzte in einen endlosen Schacht. Sein Sturz wurde von teuflischem Gebrüll begleitet. Noch im Fallen verspürte er eine starke sexuelle Erregung und die Gewissheit, dass ihn der Teufel geholt hatte.
Dieser Traum ermöglicht einen Einblick in die tiefe Konflikthaftigkeit, die sich hinter so mancher Höhenangst verbirgt. Bei dem Ereignis, das dem Kind „den Boden unter den Füßen weggerissen hat“, handelte es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um den Geschlechtsverkehr der Eltern, den der Junge damals vermutlich wirklich gestört hatte, und die Gefühle, die bei ihm durch das aufwühlende Schauspiel hervorgerufen wurden: eine Mischung höchster sexueller Erregung und bodenloser Angst.