Argumentum ad Hominem: Wer nicht für mich ist, der ist gegen mich...

...und wer sich nicht für mich einsetzt, der führt die Menschen in die Irre. Dieser Satz stammt aus dem Matthäusevangelium, zwölftes Kapitel, dreißigster Vers. Hat man vielleicht schon mal gelesen, wenn man im Religions-/Ethikunterricht aufgepasst hat. Ganz ehrlich? Als Sechstklässler hat mich so etwas weder interessiert, noch habe ich die Bedeutung solcher Aussprüche verstanden.

Heute habe ich das Gefühl, dies scheint der Grundsatz eines jeden Online-"Gespräches" zu sein, in welchem es nicht gerade um das Wetter geht. Kennt Ihr das? Ihr lest einen beliebigen Artikel in einem Onlinemedium, der sich mit einem politischen Thema beschäftigt, ihr seht euch den Kommentarbereich an. Selten einmal findet man eine halbwegs sachliche Auseinandersetzung, meistens jedoch befindet man sich auf einem Schlachtfeld! Die verbalen Mörsergeschosse fliegen dir um die Ohren, die ratternden Maschinengewehre der Beleidigung betäuben jeden rationalen Kommentar. Wenn du teilnimmst, hast du dich auf eine von beiden Seiten zu stellen, in der Mitte gibt es nichts als den Beschuss beider Seiten.

Ich habe dich durchschaut! Natürlich weiß man als routinierter Facebook-Krieger sofort, nach welchen Kriterien man seine Gesprächspartner zu sortieren hat. Es reicht ein einziges Statement, eine einzige Aussage, und man ist entlarvt. Die Kontrahenten kennen sofort jegliche Inhalte meines Weltbildes, weil ich mich gerade zur Rentenpolitik der SPD geäußert habe. Eigentlich hängt mir die Kerndebatte, um die sich dieses Kommunikationsmuster dreht, zum Hals heraus, doch wieder einmal kommt man nicht drum herum, um Flüchtlinge, um Migration, um links und rechts. Ich habe das Gefühl, es ist das einzige, wonach man noch bewertet wird. AfD-Sympathisant? - Nazi. Flüchtlingshelfer? - Migrantenfetischist, Gutmensch. AfD-Kritiker? - Deutschlandhasser. Islamkritiker? - Auch Nazi. Verflucht noch eins, zu welchem Ergebnis soll das führen?

Ich weiß, dass ein großer Teil von uns/euch/denen nicht so denkt, aber diejenigen, die diesem Muster folgen, sind die lautesten. Kurzer Themensprung: Ich bin Gewerkschaftsmitglied mit Leidenschaft (GDL, ja, die, wegen denen der ein- oder andere letztes Jahr öfters mal den Zug benutzen konnte), setze mich aktiv für Arbeitnehmerrechte ein und bin ein absoluter Gegner der "sozialen" Marktwirtschaft, weil sie nicht sozial ist, sondern darauf basiert, dass viele für den Reichtum weniger arbeiten. Wie Marx schon feststelle, orientieren sich die Menschen an den Bedürfnissen der Wirtschaft, obwohl sich die Wirtschaft an den Bedürfnissen der Menschen orientieren sollte. "Proletarier aller Länder - vereinigt euch!" Das ist natürlich urlinks. Generell ordne ich mich links der Mitte ein, würde jedoch nie auf die Idee kommen, mir eine Sturmhaube aufzusetzen und grundlos zu randalieren. Ich bin gegen Faschismus, was mich jedoch nicht zum Anhänger einer Gruppe mit dem Namen "Antifa" macht. Ich mag die Vorgehensweisen dieser Menschen nicht, also gehöre ich nicht dazu.

Ich möchte nicht mit ansehen, wie Menschen im Mittelmeer in Massen ersaufen oder an Zäunen vermodern. Das bedeutet lange nicht, dass ich unbegrenzte und unkontrollierte Zuwanderung befürworte. Ich bin dagegen, Muslime pauschal als religiös-politische Fanatiker zu brandmarken, dennoch bin ich absolut gegen wachsende Einflussnahme von Religion auf öffentliches Leben und Politik, das gilt selbstverständlich auch für den Islam.

Nun gibt es genug Menschen, die in meinen Augen berechtigte Kritik am Umgang unserer Regierung mit dem Flucht-Exodus üben. Ich kann die Besorgnis nachvollziehen, ob ein großer Anstieg der Zahl religiös geprägter Menschen zu einer negativen Änderung der Verhältnisse in unserem gesellschaftlichen Leben führen könnte.

Das zu vertreten, macht mich weder zum Nazi, zum Faschisten oder zum Unterstützer selbiger. Denn mir um geht es um die Lösungsansätze. Ich bin davon überzeugt, dass weder die radikale Schließung der Grenzen das Problem löst, noch, dass eine bedingungslose Öffnung selbiger am Ende noch für irgendjemanden gut ist.

Mit dieser Einstellung scheint man im Abseits zu stehen, denn man hat keine simpel definierte, klare Kante. Man ist nicht versteift.

Doch man wird, wenn man an der Online-Debatte teilnimmt, dazu gezwungen, denn ich habe den Eindruck, es geht mehr um den Absender als um die Botschaft an sich. Äußerst selten führt man eine Unterhaltung, in der die Aussage an sich sachlich thematisiert und kritisiert wird. Es artet aus in ein "DU!DU!DU!"

Das habe ich bei meinem letzten Blog auf FuF deutlich zu spüren bekommen.

(Wen es interessiert: https://www.fischundfleisch.com/waldschrat-der-erste/die-islamisierung-der-alltagsbegegnungen-20991 )

Das Gros der Kommentare beschränkte sich auf "Stimme zu" oder "Stimme nicht zu". Ich hätte mir gewünscht, argumentativ kritisiert zu werden, in dem, was ich da geschrieben habe, so wie man es in der Schule gelernt habe: These - Argument - Beispiel.

Stattdessen gab es den Vorwurf, ich würde die Gewalt von Migranten relativieren und verharmlosen, würde Vergewaltigungsopfer verhöhnen. Ja wo denn bitte? Weil ich nicht in jedem Satz erwähne: "Übrigens, es gibt Migranten, die deutsche Frauen vergewaltigen!"

Ja, die gibt es, und solche Penner möchte ich hier auch nicht haben, welcher normaldenkende Mensch möchte Kriminelle in seiner Nähe? Ich bin auch nicht der Meinung, man müsste dafür Verständnis haben aufgrund diverser Umstände. Ich finde es auch bescheuert, wenn jemand so etwas nicht anzeigt, um keinen Generalverdacht zu befeuern! Aber warum? Weil doch der Täter zählt, der eine, der die Tat begangen hat. Natürlich gehört dieser Mensch verurteilt, denn er ist ein Verbrecher. Und wenn es in einer bestimmten Gruppe ein überproportional vertretenes Täterklientel gibt, sollte man klären können, warum das so ist. Und auch diese Einstellung macht mich nicht zum Rassisten. Jedoch macht es mich eben so wenig zum Linksgrünversifften Realitätsverweigerer, wenn ich dahinterstehe, dass hermetisch abgeriegelte, nationale Grenzen oder ein Islamverbot dieses wie auch viele andere Probleme nicht lösen werden.

Dennoch geht es vermutlich vielen von euch eben so, dass die Einordnung in eine Schublade viel wichtiger zu sein scheint, als das Gespräch über die Sache an sich. Das eigene Weltbild ist heilig, und teilst du es nicht, so bist du gegen mich.

Stattdessen mein Plädoyer: Man gönne sich einmal die ein- oder andere Meinung, die konträr zu eigenen verläuft und analysiere jene anhand eines Faktenchecks mit belegbaren Tatsachen, anstatt mit dem Bauchgefühl. Denn es kann eine erhellende Erfahrung sein, das eigene Weltbild regelmäßig in Frage zu stellen und es auf diesem Wege zu erweitern.

Auch hier gilt: Kritik an meinen Äußerungen, ob positiv oder negativ, natürlich erwünscht!

Freundlichste Grüße an die Community, ich bin gespannt auf das Feedback.

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