Angesichts des aktuellen Wahlergebnisses in Thüringen (Linke 31%, AfD 23%, CDU 22%, SPD 8%, Grüne 5%, FDP 5%) beschreiben unsere Medien die Koalitionsbildung als "schwierig": Für Ramelows Rot-Rot-Grün reicht es nicht mehr, und anstelle der nur noch ehemals "großen", schwarzroten Koalition schafft jetzt selbst eine Viererkoalition unter Hinzunahme von Grünen und FDP keine Mehrheit mehr. Und eine "große", dunkelrot-schwarze Koalition? programmatisch wäre das für die heutige Merkel-CDU zwar kaum ein Problem; aber ihre ehemals konservative Stammwählerschaft würde dann wohl endültig merkeln, dass sie von dieser Politik schon lange nicht mehr vertreten wird. In der Tat also: schwierig.

Aber da war doch noch was, da war doch noch was...? Ach ja, richtig: immerhin fast jede vierte, gültige Wählerstimme hat der Volkssouverän einer neuen Partei gegeben, der AfD. Wenn man es genauer analysiert, dann verortet sich diese Partei programmatisch verblüffend genau da, wo vor 20 Jahren noch die CDU stand. Eigentlich ist das also gar keine neue Partei, nicht mal personell: zu ihrer Gründungszeit rekrutierte sich die AfD vorwiegend aus von Merkel frustrierten und aus der CDU geekelten Unions-Politern. Die AfD füllt seitdem de facto nur das stetig wachsende, politische Vakuum auf, das Merkel mit ihrer fortgesetzten Rotgrünisierung der CDU auf der konservativen Seite hinterläßt.

So weit, so gut - solche Verschiebungen sind in einer Demokratie normal; das letzte Wort hat der Wähler. Oder besser: das letzte Wort sollte der Wähler haben. Wenn es nämlich jetzt - nach dem aktuellen Wählervotum in Thüringen - um die Regierungsbildung geht, dann offenbaren die bisher in Deutschland etablierten Parteien in trauter Übereinstimmung ein höchst eigenwilliges Demokratieverständnis: sie erklären die Demokratie plötzlich für eine Art geschlossene Gesellschaft, über deren Zugehörigkeit sie glauben, einfach willkürlich bestimmen zu können. Ohne jegliche, institutionelle oder juristische Rechtfertigung (ein exklusives, politisches Legitimierungssiegel "Demokrat" existiert in keiner deutschen Verfassung) erklären sich da die bisher etablierten Politiker exklusiv zu "Demokraten" und konstruieren einen pauschalen Gegensatz zu AfD-Politikern, die demnach "keine Demokraten" und "nicht bürgerlich" seien und deshalb angeblich auch keinerlei politische Legitimation hätten. Dass damit nahezu jedem vierten, thüringischen Wähler einfach mal so die von ihm explizit gewünschte, politische Vertretung verweigert wird, halten diese Exlusiv-"Demokraten" allen Ernstes für "demokratisch"; wer sich beim Nachvollzug dieser Gedankenfolge nicht die Hirnwindungen irreversibel verknotet, muß wohl vorher schon einen Dachschaden gehabt haben.

Nein: aus staatsrechtlicher und demokratischer Sicht ist eine Regierungsbildung in Thüringen alles andere als schwierig. Eine konservative Koalition aus AfD, CDU und FDP hätte rechnerisch eine stabile Mehrheit, sie bietet sich auch programmatisch bei durchaus nicht unüberwindlichen Gegensätzen an und würde zudem der generellen Wählertendenz Rechnung tragen, die ja unterm Strich deutlich die konservative Seite gestärkt und Ramelows regierende Koalition glasklar ABGEWÄHLT hat - daran führen auch die 3 Prozentchen Stimmenzuwachs für die Linken nicht vorbei. In einer gut funktionierenden Demokratie wären entsprechende Koalitionsgespräche in dieser Situation nichts weiter als selbstverständlich. In Thüringen ist das jetzt nur deshalb schwierig, weil und solange hier eine unselige Allianz selbsternannter "Demokraten" gegen das Wählervotum und über die Köpfe der Wähler hinweg ihren weiteren, demokratisch nicht mehr legitimierten Machterhalt betreibt.

Also "Höcke for Ministerpräsident"? Nun ja: der gilt ja sogar in der AfD selber als ziemlich umstritten. Aber vergessen wir mal nicht, dass es hier aktuell um Thüringen geht: wer da mit dem vom Verfassungsschutz observierten Altlinken Ramelow als Ministerpräsident kein Problem sah und sieht, der sollte mit einem Höcke auch keine Probleme haben. Vorausgesetzt, er legt an beide Politiker dieselben Maßstäbe an, wie es sich in einer Demokratie gehört.

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