Es war am Sonntag ein starkes Zeichen der Europäerinnen und Europäer, die sich in Massen mit den Opfern des Anschlags auf die Redaktion der Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ solidarisierten Die Botschaft „Je suis Charlie“ war keineswegs an die sich zur Al.Qaida im Jemen bekennenden Attentäter, die Terrormiliz IS oder ähnliche kaputte Gruppen gerichtet, sondern an uns selbst.
Wir wollen eine Gesellschaft sein, in der wir uns umarmen und beleidigen, lachen und weinen, streiten und versöhnen können, ohne sich gegenseitig zu ermorden. Wir wollen EINE Gesellschaft sein!
Manche sehen das anders. Es vergingen nicht einmal zwei oder drei Tage, bis sich die Hydra der Massenüberwachung wieder regte.
Manche Menschen sehen die Tragödie in Paris nämlich keineswegs als Anlass für mehr Offenheit und Toleranz. Beispielsweise die ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. Die Ministerin sieht nicht on- und offline Millionen „Charlies“, sondern tausende potentielle Attentäter und deren Sympathisanten, die es zu überwachen gilt. Mikl-Leitner – und ihre europäischen Amtskolleginnen und -kollegen, forderten mehr schweres Gerät für die Polizei und vor allem Massenüberwachung.
Dabei hatte Frankreich das alles bereits zur Verfügung. Die Evidenz spricht gegen Massenüberwachung. Die Exekutive hatte alle Vorratsdaten zur Verfügung und hatte aber dennoch keine Chance, sie zur Zielüberwachung zu benutzen und die Anschläge zu verhindern. In Österreich gab es die Vorratsdatenspeicherung, bis sie der Verfassungsgerichtshof jüngst kippte. Benutzt wurde sie vor allem um Stalkern und Drogenhändlern nachzuspüren. Ein Misserfolg.
Es entsteht ein neuer Überwachungsfetischismus, der nur einen Hintergrund hat: Angst. Für Mikl-Leitner und Co. sind wir alle potentielle Attentäter, nicht Charlies.