In Österreich ist wieder mal eine Debatte zum Thema Rauchen losgebrochen. Der Anlass ist traurig: Der Tod des Aufdecker-Journalisten Kurt Kuch. Kuch rauchte viele Jahre lang Kette. Insgesamt mehr als 457.000 Stück, wie er später schonungslos nachrechnete. Und Kuch bezahlte seine Sucht mit dem Leben. Weil Kurt Kuch aber nicht nur ein begnadeter Aufdecker, sondern auch ein großer Kämpfer war, machte er bis zum bitteren Ende das, was große Kämpfer eben tun: Er kämpfte. Und zwar zum einen gegen die Metastasen in seinem Körper und zum anderen gegen die Volkskrankheit Rauchen.
Zumindest die zweite Hälfte seines Kampfes könnte Kurt Kuch doch noch gewinnen. Denn in den vergangenen Tagen mehrten sich gewichtige Stimmen aus fast allen Parteien, die ein generelles Rauchverbot in Lokalen fordern. Ein Rauchverbot, wie es in jedem halbwegs vernünftigen Land schon seit Jahren selbstverständlich ist. Österreich freilich sind traditionell die Zauderer, Bewahrer, Unter-den-Teppich-Kehrer und Nichtanecker am Ruder. Ihr Motto: Nur ja nix verändern. Ein Rauchverbot? Haben wir bisher auch nicht gebraucht. Und überhaupt: Wer will schon wegen der paar tausend Krebstote pro Jahr den Zorn der wahlberechtigten Trafikanten, Kettenraucher, Brandineser und Wirtsleute riskieren? Eben. Darum wurde die Angelegenheit vor Jahren auf das österreichischste aller Möbelstücke geschoben: die lange Bank. Um den Schein der politischen Handlungsfähigkeit zu wahren, schnapste man damals schnell eine Konsenslösung aus – inklusive sündteurer Trenntüren und hochgezogener Glaswände. File under: klassischer Pfusch.
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Das Umdenken bei den Parteien ist jetzt ein Schritt in die richtige Richtung. Noch wehrt sich in Österreich gerade mal eine einzige Partei lautstark gegen ein Rauchverbot in Lokalen. Dreimal dürfen Sie raten, welche. Ein kleiner Hinweis: Dass Tabakkonsum oft als „blauer Dunst" bezeichnet wird, dürfte kein Zufall sein. Allzu große Angst vor der intellektuellen Wirkungsmächtigkeit der nikotinbejahenden Wertegemeinschaft muss man aber nicht haben. Immerhin reden wir von einer Partei, die ihren Wählern auch mehr Brutto vom Netto versprochen hat. Nun also: Unsere Tschick für unsere Leut'.
Noch ärgerlicher als die langjährige Mikado-Politik in Sachen Rauchverbot sind nur die Argumente der Hardcore-Raucher. Was man da nicht alles an inhaltlicher Kargheit serviert bekommt, wenn man sich auf eine Diskussion einlässt! Nun könnte man sagen: Selber Schuld, wenn man mit Abhängigen die Nachteile ihrer Abhängigkeit zu erörtern versucht. Aber dennoch möchte ich die fünf haarsträubendsten Raucher-Albernheiten in aller gebotenen Kürze und Schärfe sezieren.
Da wäre zum einen: „Für mich ist Rauchen ein Genuss". Aha, interessant. Vor lauter Genuss hängt man dann als Jugendlicher nach der Premieren-Zigarette auch gleich mal über der Schüssel des Schulklos. Und irgendwann wird die Sinnesfreude so unerträglich, dass die Mehrheit der Raucher nur noch vom Wunsch beseelt ist, mit dem angeblichen Genuss aufzuhören. Rauchen ist das einzige Pläsier auf der Welt, das man verzweifelt loswerden will. Genuss als Lebenslüge? Tabakkonsum macht's möglich.
Heiße Luft aus dem Munde rauchender Dampfplauderer hört sich auch oft so an: „Ich kann jederzeit aufhören, wenn ich will." Klar kannst Du. Darum rauchst Du auch seit 20 Jahren Kette, siehst aus wie ein Statist in „The Walking Dead" und keuchst beim Sprint zur Busstation wie ein Schwindsucht-Patient ohne Sauerstoffgerät am Nanga Parbat. Nein, wer wirklich aufhören kann, der hört auch auf. Wer aber süchtig ist, qualmt weiter und wiederholt zur Selbstberuhigung gebetsmühlenartig das Ammenmärchen vom freien Raucher-Willen.
Auch gerne wird von qualmender Seite folgende Geistlosigkeit vom Stapel gelassen: „Auch Nichtraucher müssen irgendwann sterben." Das ist zwar richtig, aber streng genommen eher ein Argument gegen das Rauchen als dafür. Denn wenn der Tod tatsächlich unausweichlich ist, muss man ihn nicht auch noch umständlich mit Hilfe von sündteuren und quälend langsam wirkenden Spezialprodukten künstlich herbeiführen, oder? Und ja, meine Replik verwendet eine ähnliche Dosis an Ernsthaftigkeit wie das nassforsche Ausgangsargument.
Ein weiterer unschöner Untergriff, den Raucher gerne mal aus dem Hut zaubern, ist dieser: „Nichtraucher sind einfach nur lustfeindlich". Vor allem kettenrauchenden Männern, die das sagen, lege ich nahe, die Suchmaschine ihres Vertrauens zu konsultieren und mit ihren gelblichen Fingerkuppen die Begriffe „Rauchen", „erektile" und „Dysfunktion" in die Eingabemaske zu tippen.
Zum Schluss bleibt noch die Königin der bizarren Raucher-Bonmots. Und die hört sich so an: „Am fanatischsten sind sowieso immer die ehemaligen Raucher." Als ehemaliger Raucher sage ich: Stimmt. Denn nur wer selbst geraucht hat, kapiert, wie atemberaubend unnötig und gesundheitsgefährdend Zigarettenkonsum langfristig ist. Interessant ist in diesem Zusammenhang vor allem, dass Suchtkranke den Gesunden Fanatismus vorwerfen. So als wäre der Nichtkonsum von Giftstoffen eine skandalöse Form des politischen Extremismus. Merke: Im vernebelten Raucherweltbild sind Raucher unermüdlicher Kämpfer für die Freiheit. Und die Freiheit, die sie meinen ist Rauchen. Immer und überall.
Ich könnte noch mehr Beispiele anführen. Aber warum weitere Anti-Nikotin-Perlen vor die Raucher werfen? Bei vielen Tabaksüchtigen ist es ja so: Wenn sie lange genug von den Nachteilen des Rauchens lesen, hören sie auf damit. Und zwar mit dem Lesen. Darum ist dieser Text jetzt auch zu Ende.