Keeping it real: Varoufakis, der Mittelfinger und die Matrix

Dass es mich gibt, ist relativ wahrscheinlich. Zumindest bin ich mir darüber ziemlich sicher. Für Sie, liebe Leserschaft, ist das schon weniger klar. Sie müssen mir einfach vertrauen. Obwohl: In letzter Konsequenz kann ich nicht ausschließen, dass ich gar nicht ich bin. Vielleicht bin ich ja nur ein Gehirn in einer Nährlösung, das in einem Labor steht und dem Irrtum unterliegt, ich zu sein. Oder vielleicht bin ich eine künstliche Intelligenz, die von skrupellosen Kybernetikern darauf programmiert wurde, das Bewusstsein des echten Wolfgang Zechners zu simulieren. Weiß man’s?  Möglicherweise ist die ganze Welt eine Fälschung. Vielleicht sind Sie alle gar nicht real und mein angebliches Ich schreibt diesen Text vergebens für niemanden. Warum ich Ihnen diesen metaphysischen Kram erzähle? Weil derzeit die angeblich existierende Öffentlichkeit  eine Frage besonders  kontrovers diskutiert:

Was ist eigentlich real?

Ausgelöst hat die Debatte der sogenannte griechische Finanzminister Yanis Varoufakis, der scheinbar Deutschland mit einer vermeintlich despektierlichen Geste beeidigt haben soll. Was genau passiert ist, werden wir, so es uns überhaupt gibt, hier nicht klären. ES existiert scheinbar ein Video, dass die vorgebliche Entgleisung zu dokumentieren scheint. Von verschiedenen Seite wird nun behauptet, dass diese Aufnahmen entweder manipuliert wurden, oder dass die Manipulation selbst ein Fake sei. Manche argumentieren sogar, dass der gefakte Fake selbst ein Fake sei, was wiederum bedeuten würde, dass die Fälschung keine Fälschung sondern im Gegenteil ein echter Fake ist. Schnell merkt man: Die Sachlage ist trüb, die Faktenlage unübersichtlich. Doch es kommt noch besser. Der vermeintlicher TV-Komiker Jan Böhmermann hat sich scheinbar augenzwinkernd zur angeblichen Manipulation bekannt. Ob es diesen TV-Menschen gibt, weiß ich nicht. Sein erfunden klingender Name war mir bisher nicht geläufig, was eher gegen seine Existenz spricht. Schon der Name Yanis Varoufakis ist übrigens suspekt. Erinnert mich ein bisschen an „Asterix bei den olympischen Spiele“.  Und dann das markante Hollywood-Gesicht hinter dem vermutlich gefälschten Namen. Sieht so ein hoher Würdenträger eines gebeutelten Schuldenstaats aus? Nein.

Je mehr man sich mit dem kontroversen Kassenwart beschäftigt, desto deutlicher werden die Unklarheiten. Wurde hier etwa die Wirklichkeit manipuliert? Ist die Person selbst eine Lüge? Ist Varoufakis in Wirklichkeit eine geschickte Computeranimation oder wird er gar von einem Schauspieler gespielt? Ein weiteres Indiz für die Politikerfälschung ist der Name des Linksbündnisses, für das er bei den Wahlen angetreten ist. Syriza? Das klingt eher nach Nahem Osten als nach Peloponnes. Hierbei dürfte es sich wohl um einen weiteren Fehler in der Matrix handeln.

Je länger man sich mit der erstaunlichen Geschichte rund um den Mittelfinger auseinandersetzt, desto stärker verschwimmen Realität und Fiktion. Wer etwas von Quantenphysik versteht, kennt die Gefahren und weiß, dass eine allzu intensive Beschäftigung mit dem Thema die Realität komplett auflösen könnte. Und das steht nun wirklich nicht dafür.

Begraben daher wir die vermutlich realitätszersetzende Diskussion, bevor diese Welt komplett verschwindet und nichts mehr da ist, was diskutiert werden kann. Ist ja im Grunde auch egal, was genau passiert ist. Hauptsache das Mittelfinger-Mysterium sorgt für ein besserwisserisches Remmidemmi auf allen sozialen und asozialen Medien. Die meisten Menschen basteln sich die eigene Wahrheit hierzu eh gerade selbst. Frei nach dem Motto: Real ist, was ich denke. Auch eine große deutsche Boulevardzeitung hat sich ihre ganz eigene, nicht unumstrittene Version der Realität zu diesem Thema gebildet. Das stört viele Menschen. Mich nicht. Denn wer weiß, wie lange es dieses Medium, so es überhaupt jemals existiert hat, noch geben wird. Ich sage nur Medienkrise. Die ist nämlich als einziges Phänomen in diesem Text wirklich real. Und wem diese Realität nicht gefällt, dem darf ich zum Finale die Worte von Philip K. Dick, dem großen Realitätszertrümmerer der US-Literatur, nachwerfen: „If you think this universe is bad, you should see some of the others."

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Martin P.

Martin P. bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:04

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Silvia Jelincic

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fischundfleisch

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