Man liest des Öfteren, die Grünen würden Verbotspolitik machen und Freiheiten einschränken (wollen).
Ich sehe das ganz genau so. Diese Aussage ist völlig richtig.
Allerdings ist das meines Erachtens gar kein Problem, sondern eher eine populistische Aussage politischer Wettbewerber.
Dass wir individuelle Freiheiten einschränken, um die Gesellschaft in Summe voranzubringen, ist nichts Neues. Ganz im Gegenteil.
Ich kann mich individuell nicht davor schützen, ermordet zu werden. Daher schränken wir jedermann dahingehend ein, dass wir es sanktionieren, wenn jemand einen anderen ermordet.
Wir halten es für keine gute Idee, dass man einfach so Schusswaffen kaufen oder besitzen kann. Deshalb verbieten wir das.
Wir finden es nicht gut, dass jedermann Uran besitzen könnte. Also verbieten wir das.
Wir finden es nicht gut, dass jemand ohne medizinische Ausbildung Kranke behandelt. Also untersagen wir das.
Unsere ganze Gesellschaft basiert darauf, dass wir individuelle Freiheiten einschränken, weil wir der Ansicht sind, dass der Gesellschaft damit gedient ist. Verbote sind nicht pauschal schlecht. Ganz im Gegenteil.
Und jetzt kommen wir zur zweiten Dimension in dieser Debatte - gesamtgesellschaftliche Probleme.
Es gibt Herausforderungen, denen man als Einzelner begegnen kann und für deren Lösung der Staat nicht notwendig ist.
Aber es gibt durchaus einige Aufgaben, die wir individuell gar nicht lösen können. Zum Beispiel Bildung. Jeder will gute Bildung für seine Kinder. Aber nicht jeder hat die Zeit und auch das eigene Wissen, um durch sich selbst seinen Kindern gute Bildung zu ermöglichen.
Also haben wir das Problem an den Staat delegiert. Kindergärten, Schulen, Unis. Der Staat soll uns (bzw. unseren Kindern) das anbieten. Weil wir das gar nicht selbst leisten könnten.
Damit gehen dann Rechte und Pflichten einher. Das Recht (und die Pflicht) auf den Schulbesuch. Oder die Pflicht, das alles mit Steuern zu finanzieren.
Und jetzt kommen wir zur Klimakrise. Auch diese ist nicht individuell zu lösen. Egal, wie man sich selbst anstrengt, man wird die Folgen des Klimawandels auf einen selbst nicht absenden können.
(Im Übrigen ist die Klimakrise interessanterweise eines der Probleme, das die Politik gerne zu individualisieren versucht. Kauft doch regional, kauft Bio, fahrt sparsame Autos. Alles richtig, nichts davon wird einen essentiellen Beitrag gegen die Klimakrise leisten).
Die Klimakrise wird nur lösbar sein durch konzertierte große Aktionen. Wir müssen all das verhindern, was in großem Maße CO2 verursacht. Und das wird nicht ohne neue Regeln (ergo Gesetze ergo Verbote) gehen. Regional einkaufen bringt uns da nicht die Einsparungen, die es braucht.
Sofern man also einsieht, dass Verbote ein Grundpfeiler unserer Gesellschaft sind, sofern man die Klimakrise anerkennt und wenn man einig ist, dass es einen großen Wurf braucht, ist „grüne Verbotspolitik“ nichts, was einen Vorwurf an die Grünen rechtfertigen könnte.
Im Gegenteil: wenn ich Habeck zuhöre, erlebe ich zum ersten Mal einen Minister, der das Thema angeht, der sagt, dass es einen Wandel braucht, dass das auch zuweilen unbequem wird und der das auch umsetzt.
Bisher fühlte ich mich immer in Watte gepackt. Keiner wollte, dass sich jemand ändern muss. Keiner wollte einem Wähler eine unbequeme Wahrheit verkünden oder gar eine Last aufbürden.
Ich halte eine solche Politik für unglaubwürdig und wenig zielführend.
Ich erlebe zum ersten Mal, dass jemand ausspricht, dass es Veränderung bedarf und dass jemand das auch anpackt.
Ist das perfekt? Nein.
Finde ich jede Maßnahme sinnvoll? Nein!
Ist die Kommunikation drumherum gelungen? Nein.
Aber geht es in die richtige Richtung? Ich glaube ja.
Also wenn wieder mal jemand was von grüner Verbotspolitik erzählt, könnt ihr ja nochmal drüber nachdenken, ob da was dran ist oder nicht.
Für mich ist der Begriff nichts weiter als eine politische Nebelkerze, vornehmlich von jenen, die selbst keine Ideen gg die Klimakrise haben oder die Angst vor der Reaktion der Wähler haben.
Ich glaube unterm Strich, dass grüne Verbotspolitik uns eher hilft als schadet.
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