[Kommentar] Die Linke sucht ein Ersatzproletariat

Es ist nicht schön, aber es ist auch kein Geheimnis. Die Linke hat den Kampf für höhere Einkommen und einen besseren Lebensstandard verloren. In vielen Ländern Europas wird dies besonders deutlich. Löhne stagnieren und der Anteil der Beschäftigten in unsicheren Arbeitsverhältnissen steigt stetig an.

Der mangelnde Erfolg Linker und Sozialdemokraten stellte und stellt diese natürlich in Frage. Eine Partei, die ihre Versprechen nicht erfüllt muss damit rechnen, zu verschwinden. Und tatsächlich befinden sich die Sozialdemokraten in Europa auf dem Rückzug. Mittlerweile vertreten Linke und Sozialdemokraten jedoch zunehmend andere Forderungen.

Jürgen Habermas gilt als großer Ideengeber für die Linke in Deutschland. Im Juli 2018 erhielt er den Deutsch-Französischen Journalistenpreis. Dort plädierte er im Kreise Gleichgesinnter, dass Angela Merkel endlich den von Emmanuel Macron geforderten Reformen zustimmt.

Im Oktober 2018 veröffentlichte Jürgen Habermas dann dafür zusammen mit Hans Eichel, Roland Koch, Friedrich Merz, Bert Rürup, Brigitte Zypries einen Aufruf im Handelsblatt. Er setzt wie viele Linke die EU mit Europa gleich und verschweigt die Schneise der Vernichtung welche die Troika (EU-Kommission, EZB und IWF) in Griechenland angerichtet hat. In seiner Dankesrede warnte er vor einer Renaissance der Nationalstaaten, so als gäbe es nicht das Recht auf Selbstbestimmung der Völker. Am Elend der Welt sei der Kapitalismus schuld. Über den wirtschaftlichen Erfolg der Volksrepublik China, Taiwans, Süd-Koreas und der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten spricht er jedoch nicht. Und wenn der Kapitalismus nicht reicht ist allein der Westen am Elend armer Länder schuld. Die Hungersnot durch die Enteignung von weißen Bauern in Simbabwe unter Mugabe und bald in Süd-Afrika, die Auslandsverschuldung durch Exportdefizite unter Erdogan oder die Misswirtschaft diverser arabischer Länder erwähnt er jedoch nicht. Zum Islamismus oder islamischen Terrorismus, der auch auch die neutralen NATO-Außenseiter Österreich, Schweden und Finnland betrifft schwieg er gänzlich. [1] [2]

Die belgische Politikwissenschaftlerin Chantal Mouffe sieht ein, dass die Linke auf dem Rückzug ist. Sie sagt auch, dass derzeit populistische Parteien erfolgreich sind. Deswegen will sie das sogenannte populistische Momentum nutzen. Sie will den Begriff Populismus mit einem linken Populismus positiv besetzen, um wieder bessere Wahlergebnisse zu gewinnen. Auf höhere Einkommen und einen besseren Lebensstandard will sie sich jedoch nicht konzentrieren. Sie will sich nach eigenen Angaben darauf konzentrieren dass Migranten mehr als nur revolutionäre Subjekte sind. Für sie sind Migranten vor allem Verfolgte, Benachteiligte oder Unterdrückte. Warum dies so sei verrät sie nicht. [3] [4] [5]

In Deutschland gibt es das Institut für solidarische Moderne. Das Institut solidarische Moderne ist eine Denkfabrik mit dem selbsterklärten Ziel "über Parteigrenzen hinweg konkrete und durchführbare politische Alternativen zum Neoliberalismus zu entwickeln". Im Vorstand sind u.a. Axel Troost, Katja Kipping und Sabine Leidig von der Linkspartei, die Sozialdemokraten Andrea Ypsilanti, Ulrike Breth, Franziska Drohsel, Annika Klose, Volker C. Koehnen und Hilde Mattheis sowie Astrid Rothe-Beinlich, Katharina Beck, Ricarda Lang und Erik Marquardt von den Grünen. [6]

In einem Interview hat Thomas Seibert nonchalant offenbart, was das Ziel ist. Die Gesellschaft soll zunehmend und überall aus Migranten bestehen, hierbei benutzt Seibert beleidigende Ausdrücke für Migranten. Warum dies notwendig ist, welchen Nutzen dies hat oder wer ihn dazu berechtigt hat, bleibt offen. Er gesteht auch ein, dass es die große Frage der Linken ist, wie dies zu politisieren sei. Er sei gegen den sogenannten Neoliberalismus sieht aber offensichtlich nicht den durch Einwanderung forcierten Lohndruck. Er sieht sich als links und humanistisch. Er bedient jedoch die Interessen von Arbeitgebern und Investoren, indem er für Niedriglöhner sorgt, während er vorgibt sie zu bekämpfen. [7]

Am 19. November 2018 hat die Linkspartei einen Gesetzesvorschlag eingereicht. Dieser soll das Grundgesetz ändern, damit es auf alle Menschen Anwendung findet. Die Artikel 8, 9, 11 und 12 sollen geändert werden damit die darin verbrieften Rechte für alle Menschen gelten. Deutsche sind nach deutscher Gesetzgebung deutsche Staatsbürger. Nach aktueller Gesetzgebung sind deutsche Staatsbürger berechtigt überall in Deutschland zu leben, zu arbeiten, zu wählen und Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen. Menschen sind nach deutscher Gesetzgebung alle Menschen der Welt. Mit diesem Vorschlag wären alle Menschen der Welt berechtigt überall in Deutschland zu leben, zu arbeiten, zu wählen und Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen. [8,S.3]

Die Studenten und Demonstranten der 68er sind mittlerweile erwachsen. Den Klassenkampf der Armen gegen die Reichen sind sie jedoch nach oben entflohen. Sie sind längst Teil der wohlhabenden Bourgeoise geworden. Eine gleiche Sprache mit der Arbeiterschicht sprechen sie jedoch nicht mehr. Ihre Sprache und Vorstellungen kann die globale Schicht der Gewinner den Globalisierungsverlieren nicht erklären. Ihr Anspruch auf die Deutungshoheit über alle Diskurse ist jedoch geblieben. Und mit den Ideengebern und Instituten der Linken werben sie für ein neues Proletariat. Statt den Kampf für höhere Einkommen und einen besseren Lebensstandard als Klassenkampf zu verstehen, sieht die Linke einen Kampf der unterdrückten Kulturen gegen die unterdrückenden Kulturen.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf:

https://einfache-standards.blogspot.com/

[1] Die Mitveranwortung linker Denker am Rechtsruck in Deutschland 2018-07-05

https://www.welt.de/kultur/article178840510/Juergen-Habermas-Die-Mitveranwortung-linker-Denker-am-Rechtsruck-in-Deutschland.html?wtmc=socialmedia.twitter.shared.web

[2] Für ein solidarisches Europa – Machen wir Ernst mit dem Willen unseres Grundgesetzes, jetzt! 2018-10-21

https://www.handelsblatt.com/meinung/gastbeitraege/aufruf-fuer-ein-solidarisches-europa-machen-wir-ernst-mit-dem-willen-unseres-grundgesetzes-jetzt/23204984.html?ticket=ST-385681-g7mEf6LlymEYoTgfEwUi-ap5

[3] Es braucht einen linken Populismus 2018-10-07

https://www.deutschlandfunkkultur.de/philosophin-chantal-mouffe-es-braucht-einen-linken.2162.de.html?dram:article_id=429852

[4] Von Thatcher lernen 2018-10-31

https://www.freitag.de/autoren/tom-wohlfarth/von-thatcher-lernen

[5] Populists are on the rise but this can be a moment for progressives too 2018-09-10

https://www.theguardian.com/commentisfree/2018/sep/10/populists-rise-progressives-radical-right

[6] Der Vorstand des Instituts

https://www.solidarische-moderne.de/de/topic/24.vorstand.html

[7] Wer die Kanakisierung unserer Gesellschaft zurückdrängen will, ist in der Sache rechts 2018-06-07

https://www.woz.ch/-8d1c

[8] Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes – Grundrechte für alle 2018-11-19

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/058/1905860.pdf

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