International hat sich in Behörden einer Arbeitslosenquote etabliert die als zu natürlich erachtet wird. Auf Basis dieser Theorie wird international und auch in der EU Politik gemacht und es werden Entscheidungen gefällt. Bei genauerer Betrachtung offenbaren sich jedoch andere Folgen und Interessenskonflikte.
NAWRU (Non-Accelerating Wage Inflation Rate of Unemployment)
Kritik
NAWRU (Non-Accelerating Wage Inflation Rate of Unemployment)
In der EU wird nicht die die Inflation nicht beschleunigende Arbeitslosenquote (NAIRU/Non Accelerating Inflation Rate of Unemployment) verwendet. Stattdessen wird die die Preisinflation nicht beschleunigende Arbeitslosenquote NAWRU (Non-Accelerating Wage Inflation Rate of Unemployment) verwendet. Die EU-Kommission nimmt als Grundlage für Berechnung der Inflation die Lohnstückkosten. Dies sind die Löhne in Relation zur Arbeitsproduktivität. [2,p.3] [3]
Auffallend ist dass die EU-Kommission als Maß für die Inflation ausgerechnet die Lohnstückkosten verwendet. Damit gesteht die EU-Kommission ein dass die Inflation den Lohnstückkosten folgt. Die unterschiedliche Entwicklung der Lohnstückkosten innerhalb der Euro-Zone ohne die Möglichkeit die Außenhandelsbilanzen durch Wechselkurve auszugleichen ist jedoch ein großes Problem innerhalb der Euro-Zone. Hierbei verweigert sich die EU-Kommission jedoch diesem Zusammenhang.
Nach dem Konzept von NAWRU gibt es die gleichen zwei Abweichungen von NAWRU wie bei NAIRU. Wenn die Arbeitslosenquote sinkt, dann beschleunigt sich die Entwicklung der Lohnstückkosten und damit die Inflation. Der Grund ist wieder dass die Lohnerhöhungen von den Unternehmen über steigende Preise weitergegeben werden. Und wenn die Arbeitslosenquote steigt, dann verlangsamt sich die Entwicklung der Lohnstückkosten und damit die Inflation.
Kritik
Diverse Staaten mit dem Euro als Währung befinden sich seit langem in einer Krise und weisen Arbeitslosenquoten von 10%, 20% oder fast 30% auf. Die EU-Kommission verwendet trotzdem ihre eigenen Zahlen für natürliche Arbeitslosenquoten (NAWRU/Non-Accelerating Wage Inflation Rate of Unemployment). Nach dem Stand von 2017 erachtet die EU-Kommission also Arbeitslosenquoten wie zum Beispiel 13.5% für Griechenland, 15.9% für Spanien, 9.5% für Frankreich, 10.1% für Italien oder 9.2% für Zypern für Normal. Die Menschen vor Ort werden diese vermeintliche Normalität vermutlich anders sehen. [4]
Es ist fraglich ob eine gesamte Volkswirtschaft sich von einer einzelnen Behörde die zu akzeptierende Arbeitslosenquote vorschreiben sollte. Diejenige Behörde welche die Aufgabe hat diese Arbeitslosenquote zu bestimmen könnte eine ganz andere Agenda ausführen. Und da es bei NAIRU und NAWRU um die Begrenzung der Inflation geht und die offiziellen Zahlen für NAWRU ohnehin sehr hoch sind, kann davon ausgegangen werden dass eigentlich höhere Löhne verhindert werden sollen.
Wenn eine Seite die Bedingungen diktiert wird jedoch zu Recht von einem Marktversagen gesprochen. Wenn das Lohnniveau jedoch dauerhaft stagniert, dann verringert dies auch die Anreize für Arbeitgeber die Arbeitsproduktivität durch Investitionen zu erhöhen. Ein stagnierendes Lohnniveau hindert also den technologischen Fortschritt und den Anstieg der Arbeitsproduktivität.
[1] OECD Economic Studies No. 33, 2001/II - ESTIMATING THE STRUCTURAL RATE OF UNEMPLOYMENT FOR THE OECD COUNTRIES
http://www.oecd.org/social/labour/18464874.pdf
[2] EUROPEAN ECONOMY - Economic Papers 455 | May 2012 Structural unemployment and its determinants in the EU countries
https://ec.europa.eu/economy_finance/publications/economic_paper/2012/pdf/ecp_455_en.pdf
[3] Sind 14 Prozent Arbeitslose schon zu wenige? 2019-02-27
https://www.manager-magazin.de/politik/europa/arbeitslosigkeit-in-spanien-laut-eu-zu-niedrig-a-1255221.html
[4] AMECO
https://ec.europa.eu/economy_finance/ameco/user/serie/SelectSerie.cfm
[5] On Econometrics with a Human Face and Business Cycles: A Reply to Fioramanti and Waldmann’s Criticism on the EU’s NAWRU Methodology - ECONOMIC BRIEF 022 | MARCH 2017
https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/eb022_en_0.pdf