Stein des Anstoßes für diesen Text war, dass ich wiedereinmal nicht der Versuchung entsagen konnte und beim samstäglichen Einkauf ein Eis im meinem Wagerl gelandet ist. Heute war es endlich wieder mal so richtig warm draussen und das Eis im Kühlregal schreit gerade zu danach mitgenommen werden zu wollen.
Es ist eines von jenen, welches ich bereits in meiner Kindheit gegessen habe, mit dem einzigen Unterschied dass es nicht mehr dasselbe ist. Erwartungsvoll reisse ich die Verpackung auf um dann wieder einmal jenen Satz sagen zu können: Früher war das aber besser. So wie sovieles früher besser war. Oder anders zumindest.
Und diesen Gedanken habe ich die letzte Zeit öfter. Vor allem seit ich selber Mutter eines kleinen Kindes bin, stelle ich mir die Frage in welche Welt ich dieses Kind hineingeboren habe.
Ich erinnere mich an meine Kindheit und es klingt ja fast amüsant wenn ich mit meinen 27 Jahren von "damals" rede, ist es doch noch nicht so lange her und dennoch war es so anders als heute.
Ich erinnere mich an eine Zeit ohne Euro, ohne Smartphone, ohne Gewaltvideos die am Schulhof kursieren, ohne 12 Jährige Mädchen die sich wie Prateprostituierte herrichten, ohne Angst in den öffentlichen Verkehrsmitteln.
Ich erinnere mich an eine Zeit ohne Facebook, Instagram und wie sie alle heißen. Menschen hatten tatsächlich soetwas wie Hobbys und es war auch gar nicht nötig tausende andere daran teilhaben zu lassen. Menschen hatten ein Privatleben, welches unglaublicherweise auch wirklich privat war. Ich erinnere mich an eine Zeit ohne Selfies, ohne Duck Face, ohne Bullshit-Challenges.
Ich erinnere mich an den Greisler. Ich erinnere mich an Respekt vor Erwachsenen. Ich erinnere mich an Lehrer, welche noch als Autoritätspersonen wahrgenommen wurden. Ich erinnere mich an irgendwelche gottverdammte Klamotten in der Schule weil es einfach so wurscht war.
Ich erinnere mich an eine Zeit in der Kinder Kinder waren. Keiner hatte ein Handy, niemand war am Spielsplatz erreichbar. Niemand wurde als Baby im Zimmer videoüberwacht. Ich weiß nicht, ob wir nicht sogar ohne Fahrradhelm gefahren sind.
Und siehe da, wir haben alle überlebt.
Ich erinnere mich an Sabrina, Thomas, Stefanie, Vanessa, Helmut, Daniel. Es gab keine Leon-Lucas oder Elias-Noel, es gab keine Justins, Haileys oder Summer-Melodys (ja tatsächlich schon gehört den Namen). Überhaupt kommt mir vor, sind die Eltern der Kinder meiner Kindheit eher mit einem Vornamen für den Sprössling ausgekommen und waren sich der Tatsache bewusst dass wir in Österreich leben.
Ich erinnere mich an eine Zeit in der Eltern mit ihren Kindern im Park gespielt haben ohne jeden Handlungsablauf noch einmal auf Englisch mit übertriebenem britischen Akzent zu wiederholen. Und ja, Eislaufmütter sind kein Phänomen dieser Zeit, die gab es schon immer und wird es immer geben, aber ich habe den Eindruck dass die Erwartungshaltung an die heutigen Kinder so hoch ist, dass diese am Ende nur enttäuscht sein können, wenn sich eines Tages herausstellt dass der kleine Elias-Severin doch nicht hochbegabt ist und der bilinguale Kindergarten vielleicht doch nicht das Richtige war.
Abschließend fällt mir hierzu auch ein Gespräch mit meiner Mutter ein, nachdem es mir mal wieder im Supermarkt an der Kassa den Magen umgedreht hat, weil zwischen meiner Schätzung und dem tatsächlich zu bezahlenden Betrag Welten gelegen haben und so habe ich sie gefragt wie sie sich das eigentlich alles leisten konnte mit 4 Kindern und wenig überraschend meinte sie, dass das Leben als ich noch ein Kind war, leistbarer war. Anders war.