Heute vor ziemlich vielen Jahren spätabends durchlebte ich das wohl traumatischste Erlebnis meines Erdendaseins.

Die Natur zwang meine Mutter, mich aus ihrem Körper rauszuwerfen.

Nach neun Monaten angenehmen Dahindämmerns in wohliger Wärme, geborgen gegen äussere Einflüsse durch Mamas Körper und des mich umgebenden Fruchtwassers, nahrungsmässig absolut gut und vollautomatisch versorgt (auch für die Stoffwechselendprodukte wurde gesorgt – ohne unangenehmes Gefühl in der Körpermitte),

Umweltfaktoren wie Temperatur, Lautstärke und Luftzug wurden gefiltert bzw. abgewendet -

- wurde ich durch Kontraktionen der Leibesmitte meiner Mutter gezwungen, mich durch einen viel zu engen "Ausgang" zu zwängen, das war schon mal kein Zuckerschlecken. Dem Vernehmen nach hatte ich fast 4,2 kg und Mama war (zu dieser Zeit) eine zarte Person.

Wie auch immer, nach einer schier endlosen Zeit, in der ich immer wieder gepusht wurde rauszugleiten, erblickte ich das berühmte "Licht der Welt".

Netzfund

Was für ein Kontrast zu meiner bisherigen Umgebung! Ich wollte schnurstracks zurück – aber das entpuppte sich als Einbahn…

Dieses "Licht der Welt" war viel greller als gewohnt, auch die Geräusche waren absolut zu laut, als das Fruchtwasser meine Gehörgänge verliess.

Und erst der Empfang: ohne gefragt zu werden, schnitt man gleich einmal meine Nahrungsversorgung durch, dann nahm mich so ein Typ bei beiden Beinen, hielt mich kopfüber hoch (wobei ich erstmals die Schwerkraft kennen lernte, mein Blut schoss in meinen Kopf) und gab mir einen (wie er wohl meinte, sanften) Klaps auf den Po.

Mitnichten sanft, wenn man dies das erste Mal erlebt, spürt man das mit aller Härte, der Puffer war ja weg.

Naturgemäss war mir das gar nicht recht, und ich äusserte meinen Unmut – was seltsamerweise freudige Erregung der Anwesenden hervorrief – ich konnte dies allerdings nicht nachvollziehen!

Ok, das Bad danach war ganz in Ordnung, es erinnerte mich an meine vorherige Umgebung, auch die weichen, warmen Tücher, in die sie mich wickelten – nun, sie schränkten zwar meine Bewegungsfreiheit ein, aber sie waren wenigstens warm.

Schliesslich legten sie mich einer Frau in die Arme, die ich zwar nicht kannte, aber doch seltsam vertraut war und vor allen Dingen so vertraut roch.

Also fügte ich mich in mein Schicksal (war sowieso nicht zu ändern) und schlummerte erst einmal den ausgestandenen Stress aus, bis sich ein neues unangenehmes Gefühl meldete: Hunger! Natürlich musste ich das kundtun, meine automatische Versorgung war ja durchtrennt. Sprachlich untrainiert, schrie ich ganz einfach los, was aber anstrengend war. Nach kurzer Zeit trug mich dann jemand zu meiner vertrauten Person. War zwar anfangs nicht einfach, sich an meiner Mutter Nahrungsspender festzusaugen, aber irgendwie schaffte ich das (vorher war es wesentlich komfortabler).

Halbwegs gesättigt und erschöpft von der Saugerei fiel ich wieder in einen tiefen Schlummer.

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Das wirklich Seltsame aus heutiger Sicht ist, dass ausgerechnet dieser Tag jährlich mit mehr oder weniger grossem Aufwand gefeiert wird, wo dies doch der Tag ist, an dem sich des Menschens Befinden drastisch verschlechtert hat…

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