Die Syrienkrise und die dort vom Bürgerkrieg, dem IS und den allgemein rückständigen Lebensbedingungen ausgelösten Fluchtbewegungen von Millionen von Menschen, die seit Monaten nun auch Europa erreichen, bringen uns ein Volk in Erinnerung, mit dem einige europäische Mächte (in erster Linie Frankreich und Großbritannien) aber auch die USA jahrzehntelang ein „böses Spiel“ trieben: die Kurden.
Während Europa mit einem Ansturm junger syrischer Männer zurande kommen muss, kämpfen die Kurden verzweifelt um ihren Lebensraum und die Anerkennung als Staat. Nicht nur Männer auch junge Frauen sind es, die sich an allen Waffen geschult, gegen die türkischen, irakischen und syrischen Aggressoren zur Wehr setzen und jetzt sogar den Angriffen des IS trotzig widerstehen. Frauen, die sich nicht damit zufriedengeben, sich einem Patriarchat unterzuordnen, die kein Problem haben, fremden Männern – auch nicht Europäern wie mir – die Hand zu reichen und dabei den Blick nicht senken müssen; Frauen, die ihr Geschick in die eigenen Hände nehmen.
Gerade jetzt, wo ein ungebrochener Zustrom von Flüchtlingen aus Syrien an die Pforten Europas klopft, sollte man jenen Frauen und Männern besondere Anerkennung zollen, die angesichts des islamistischen Terrors einen anderen Weg als den der Flucht nach Europa gewählt haben; jenen Menschen also, die trotz allem in ihrer Heimat ausharren, die seit Jahrzehnten verbissen und mit Ausdauer um ihre Heimat kämpfen; Menschen, für die „Nationalismus“ kein Schimpfwort, sondern Ausdruck von „Heimat“ ist; Menschen, die erkannt haben, dass man für ein besseres Leben, für die eigene Sicherheit und Freiheit zu kämpfen bereit sein muss; Frauen, die sich nicht zu „ergeben“ bereit sind; Frauen, um vieles tapferer, als die vielen jungen unzufriedenen Männer, die, nachdem sie vergebens gegen einen ihnen verhassten Diktator zu Felde zogen, durch politisches Unvermögen ihr Land in Schutt und Asche legten, ihre Heimat Syrien einschließlich ihrer schutzlos zurückgebliebenen Familien nun auch noch religiösen Berserkern zu überlassen.
Angesichts dieser Entwicklungen verdienen die kämpfenden Frauen des kurdischen Volkes besonderen Respekt. Besonderen Respekt nicht nur weil sie täglich ihr Leben wagen und zeigen, dass der Islam nicht in jedem Fall damit einhergehen muss, Frauen als Minderwertiges zu beurteilen, sondern auch, weil sie auf diese Weise mehr für die Durchsetzung eines „emanzipierten Frauenbilds“ zu leisten imstande sind, als alle diejenigen, die sich hierzulande so gerne kämpferisch zeigen, wenn es darum geht, sprachlich-dubiosen Korrektheiten zum Durchbruch zu verhelfen. Diesen kurdischen Frauen und ihrer Auffassung von Emanzipation sollte unser Respekt gehören.
Vielleicht auch deswegen, weil man diesen Frauen durchaus zutrauen könnte, so das von ihnen erhoffte Kurdistan jemals Wirklichkeit werden sollte, dass sie ihren Einfluss auf die kurdische Männergesellschaft so zu gewichten imstande sind, dass es auf ihr Betreiben hin gelingen könnte, den Islam aus den Staatsgeschäften des künftigen Kurdistans, im Sinne einer Trennung von Kirche und Staat, herauszuhalten. Darüber hinaus könnte man ihnen vielleicht zutrauen, dass es ihnen gelingt, den Islam zu zivilisieren und in eine Form zu bringen, die ihn auch mit den Erfordernissen eines modernen Lebens und einem säkularen Staat vereinbaren lassen. Diesen Frauen, die täglich ihr Leben für Erhaltung ihres Lebensraumes und ihrer Familie riskieren, ist zu wünschen, dass ihr Streben nach einem eigenen Staat, nach Sicherheit, nach Demokratie und Stabilität in Erfüllung gehen möge, damit sich auch für sie letztlich das ergeben kann, worum es eigentlich geht: um die Verwirklichung eines eigenständigen kulturellen Lebens in Freiheit und Selbstverantwortung.
Bis dahin aber sollten wir diese Frauen uneingeschränkt als Vorbild gelten lassen, das aller Welt zu beweisen in der Lage ist, dass es allemal besser ist, sich irregewordenen „Mörderbanden“ bewaffnet entgegenzustellen als wegzulaufen! Auch wenn die Europäer und die Amerikaner in diesen Ländern eine historische Schuld abzutragen haben, wird man von ihnen nicht verlangen können, ihre Jugend dorthin in den Krieg zu schicken. Das Land wieder zu befrieden, werden die Syrer und Afghanen selbst erledigen müssen. Diese Einsicht auch den aus ihrer Heimat geflohenen jungen Syrern und Afghanen zu vermitteln, anstelle ihnen in überschäumendem Optimismus das ohnehin nicht einhaltbare Versprechen darüber abzugeben, sich könnten in Europa genau das Leben führen, von dem sie beim Verlassen ihrer Heimat träumten, wäre eine lohnende und pädagogisch zielführerende Aufgabe der Flüchtlingsbetreuung, als ihnen weiterhin falsche, unrealistische Hoffnungen zu machen. Eine unredliche, sozialromantische Haltung, die jedermann vollständige Integration verspricht, wird sich spätestens dann, wenn die erste Euphorie verflogen ist, als gesellschaftlicher Bumerang erweisen. Der größte Teil der Flüchtlinge, wird hier über Jahrzehnte zum Nichtstun verurteilt sein. Diese Menschen werden nach der Befriedung ihrer Heimatländer dringend zum Wiederaufbau gebraucht. Sie dieser Aufgabe zu entziehen, hieße den Herkunftsländern ein weiteres Mal Schaden zuzufügen.
Ein kurzer Überblick über wichtige Ereignisse das "Kurden.Problem" betreffend siehe: https://zeitdiagnosen.wordpress.com
und http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4880980/Video_Der-Krieg-der-Kurden-gegen-das-Kalifat