Sie sind im Krieg, um die eigenen Soldaten medizinisch zu versorgen – aber werden Opfer sexualisierter Gewalt. Eine russische Ex-Sanitäterin packt aus.
Die Berichte einer ehemaligen russischen Sanitäterin sorgen für Entsetzen: Margarita sprach im Rahmen des Projekts "Sever.Realii" mit dem Medium Radio Free Europe/Radio Liberty über ihre Zeit im Kriegsdienst – und wie sie und ihre Kameradinnen zu Opfern von sexualisierter Gewalt in den eigenen Reihen wurden.
Ihren Berichten zufolge haben russische Offiziere die Sanitäterinnen schwer misshandelt. "Du wirst eine Feldfrau sein", habe man ihnen gesagt. Dabei zwangen die Offiziere die Frauen, neben dem Kochen und Waschen auch ihre sexuellen Wünsche zu erfüllen. Wenn sich die Sanitäterinnen wehrten, machten die Offiziere ihnen das Leben durch Drohungen und Mobbing unerträglich, berichtet Margarita.
Ein Offizier habe sogar auf eine von ihnen geschossen. Mit den Verletzungen kämpfe die Frau bis heute.
Gewalt in den eigenen Reihen – auch gegen Soldaten
Auch vor Gewalt gegen russische Soldaten seien die Offiziere nicht zurückgeschreckt: Margarita sei auch Zeugin davon geworden, wie die Offiziere ihre eigenen Soldaten ermordet hätten.
Jene Männer, die sich weigerten, an der Front zu kämpfen, hätten die Offiziere zunächst nackt in einen kalten, feuchten Keller mit Ratten gesperrt. Wenn die Soldaten daraufhin nicht einlenkten, hätten die Offiziere sie gezwungen, ihre eigenen Gräber zu graben.
Die Männer sollten sich hineinlegen und seien lebendig begraben worden, so Margarita. Anschließend hätten die Offiziere auf die Gruben geschossen. Wer überlebte, sei aus dem Loch gekrochen – und dann an die Front geschickt worden. Von dort sei keiner von ihnen lebend zurückgekehrt, berichtet die ehemalige Sanitäterin.
Zurück nach Russland konnten sie nicht
Margarita habe sich nach einiger Zeit dazu entschlossen, sich den Offizieren zu widersetzen. Zwar habe auch ihr ein Offizier namens Polkan das Leben zunächst zur Hölle gemacht, um sie umzustimmen. Jedoch ohne Erfolg.
"Einen Monat lang habe ich einfach auf der Straße gelebt. Während andere in Zelten und Häusern übernachteten, schlief ich auf dem Boden, in der Nähe der Straße, in einem kleinen Wald", berichtet Margarita. Nach Russland zu fliehen, habe keine der Frauen versucht. Sie hätten nicht zurückgekonnt, denn dort hätten sie wegen ihrer Flucht erschossen werden können.
Jede vierte Frau betroffen
Margarita berichtet von sieben Frauen im Alter von 23 bis 38 Jahren, die in ihrem Umfeld zu Opfern sexualisierter Gewalt wurden. Statistiken zufolge, auf die sich Radio Free Europe/Radio Liberty beruft, sei jede vierte Frau in der russischen Armee sexuellen Belästigungen ausgesetzt.
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