Die Putinsympathien vieler rechtskonservativ, extremrechts und rechtsextrem fühlender Mitmenschen haben hier ihren Ursprung:
Die russische Innenpolitik unter Putin verkörpert das, was sie sich auch für Deutschland wünschen. Sie wünschen sich beispielsweise eine Rückabwicklung der Gleichstellung der Geschlechter; die "Verteidigung der traditionellen Familie" und beneiden Russland um die kompromisslose Diskriminierung Homosexueller und anderer sexueller Minderheiten.
Manchen, insbesondere rechtsevangelikalen und rechtskatholischen Christ*innen, gefällt die Einheit von Thron und Kirche in Russland gut; ihnen wäre ein „christlicher Gottesstaat“ in Deutschland genehm. Sie teilen die putinsche Sicht auf einen „dekadenten und moralisch verkommenen Westen“. Bindeglied aller rechten Putinsympathiesant*innen ist aber wohl der Nationalismus, also die Idee, die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Nation und Sprache bilde einen zentralen Wert der eigenen Identität oder die eigene Nation besitze sogar geistige oder moralische Überlegenheiten gegenüber anderen Nationen. Also das, was zu den Katastrophen des 20. Jahrhunderts führte.
Die Putinsympathien vieler postkommunistisch geprägter Linker erkläre hat ihren Ursprung woanders: Für diese Mitmenschen ist Russland weiterhin der Antipode des von ihnen verhassten kapitalistischen Wirtschaftssystems und ihres dafür zentralen Feindbildes, den USA. Nun ist es ja aber so, dass Russland hinsichtlich militärischer Aggression und Imperialstreben zwar das Erbe der Sowjetunion pflegt, hinsichtlich des Wirtschaftssystems aber das diametrale Gegenteil der Sowjetunion abbildet, nämlich einen Kapitalismus, gegen den sogar die USA ein „Sozialstaat“ sind. Das heutige Russland ist von einer Spreizung zwischen arm und reich, von der Ungleichverteilung des Wohlstandes zwischen armen Massen und wenigen Superreichen geprägt, die es in Mittel- und Westeuropa und sogar in den USA so ausgeprägt nicht gibt, Karl Marx hätte seine Freude bei der Recherche. Das ficht diese postkommunistisch geprägten Linken aber nicht an, die eingeprägten Freund-Feind-Schemata bestimmen die Urteilsbildung.
Das Interessante ist, wie es trotz dieser völlig unterschiedlichen Hintergründe und Motivationen jetzt zu Bindeklammern kommt, die eine Relativierung der russischen Verbrechen gegen die Menschen in der Ukraine und eine Quasi-Verteidigung des Kremlregimes ermöglichen. Einig sind sich diese Kräfte in der Ablehnung der freiheitlichen, parlamentarischen Demokratie. Würden sie diese gemeinsam zu Fall bringen, wäre freilich Chaos die Folge, weil ihre Vorstellungen zur Gestaltung der Gesellschaft antagonistisch auseinanderliegen. „Querfront“ ist daher ein Widerspruch in sich.
(W. Wetzel)